Neu im Galerienhaus Stuttgart: Hartmann Projects betreiben parallel zum Fotobuchverlag nun auch eine Galerie.

Stuttgart - Der Brückenpfeiler steht schon fast im Wohnzimmer. 2006 dokumentierte Sue Barr am Beispiel des Ponte Morandi in Genua, wie aufdringlich der Autoverkehr mitunter in den Lebensraum von Menschen eingreift. Letztes Jahr krachte der Viadukt zusammen und riss zahlreiche Menschen in den Tod. So ist Barrs Foto, das in einer Gruppenschau zum Thema Autobahnen bei Hartmann Projects hängt, ein doppelt eindringliches Symbol für die Rücksichtslosigkeit moderner Stadtarchitektur. „Schöne Motive reichen mir nicht“, sagt Angelika Hartmann. „Von einem guten Foto verlange ich auch, dass es gesellschaftlich relevante Inhalte transportiert.“

 

Unter dieser Prämisse hat die studierte Kulturmanagerin 2016 gemeinsam mit ihrem Mann einen Fachverlag für Fotokunst gegründet. Dieselben Maßstäbe, die Angelika und Markus Hartmann an ihre hochwertigen Bildbände legen, gelten auch für die Galerie, die das Paar Anfang des Jahres im Stuttgarter Galerienhaus eröffnete. In beiden Geschäftsbereichen bilden dokumentarische Positionen sowie Architekturfotografie den Schwerpunkt.

Doch wie passen Büchermachen und Bilderverkaufen im Arbeitsalltag zusammen? „Siebzig Prozent unserer Zeit“, verrät Hartmann, „gilt weiterhin dem Verlag. Die Ausstellungen entwickeln sich in der Regel parallel zu Buchprojekten.“ Hieraus resultiere auch ein Unterschied zur klassischen Galerie: „Unser Modell sieht nicht vor, Künstler aufzubauen und kontinuierlich immer wieder auszustellen.“

Der Kunsthandel ist nicht so kleinteilig wie das Verlagswesen

Denn die meisten Fotografen, die bislang bei Hartmann zu sehen waren, werden bereits von auswärtigen Galerien vertreten. „Wir wollen vor allem Leute nach Stuttgart holen, die hier weniger bekannt sind.“ In der aktuellen Schau gehören dazu Kamerakünstler wie Christoph Naumann aus Würzburg, der hinter den Schallschutzmauern der großen Verkehrsadern versteckte Paradiese fand. Oder der Leipziger Hans-Christian Schink mit seiner Serie über Autobahnen in Ostdeutschland. Bis zu 17 000 Euro kosten die Ansichten der brutalistischen Betonmonster.

Dass die Preise bei Hartmannn schon eher zum oberen Segment tendieren, könnte einem typischen Marktmechanismus geschuldet sein: „Buchpublikationen werten die Bilder eines Fotografen auf.“

Doch Werke wie die von Schink, so Hartmann, ließen sich nicht leicht veräußern. Und: „Viele unserer Kunden sammeln vor allem Bücher.“ Geht aber doch einmal ein teures Foto über den Ladentisch, kommt auf einen Schlag relativ viel Geld in die Kasse. Auch darin, betont Hartmann, unterschieden sich Buch- und Bilderbranche: „Der Kunsthandel ist nicht so kleinteilig wie das Verlagswesen. Da dauert es viele Jahre, bis man die gesamte Auflage verkauft hat.“