Die EnBW wirbt mit einer nicht existierenden Ladesäule in Stuttgart für E-Mobilität. Die Aufnahmen sind am Aussichtspunkt an der Birkenwaldstraße im Norden entstanden. Die dort stehenden Bäume wurden kurzerhand aus den Bildern rausretuschiert.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die ersten Sonnenstrahlen des noch jungen Tags tauchen die Szenerie in ein sanftes Licht. Über dem im Hintergrund erwachenden Stuttgart wölbt sich ein makellos blauer Himmel und der Mann von der Energie Baden-Württemberg (EnBW) ist schon dabei, sein Elektroauto zu laden. Angenehmer Nebeneffekt: Er kann auch gleich noch die bezaubernde Aussicht genießen, der sich von seinem Standort an der Birkenwaldstraße aus bietet. Den Ausblick gibt es wirklich dort – im Gegensatz zur Ladestation für Elektroautos. Bei der Ausgestaltung des Motivs, mit dem der Energieversorger in Anzeigen, im Internet und auf Plakaten in der Stadt wirbt, wurde ein wenig nachgeholfen.

 

Ästhetische Erwägungen im Mittelpunkt

Bei der EnBW redet man auch gar nicht lange drum herum. Anders als bei der Standortsuche für die 200 Ladesäulen in Stuttgart, bei der man sich am Bedarf orientiert habe, hätten bei der Auswahl der Kulisse fürs Werbefotoshooting hingegen eher ästhetische Gesichtspunkte den Ausschlag gegeben, sagt EnBW-Sprecher Hans-Jörg Groscurth auf Anfrage. Gleichwohl habe alles seine Richtigkeit gehabt. Um an dieser exponierten Stelle im Stuttgarter Norden Aufnahmen machen zu dürfen, habe man eine mehrseitige Erlaubnis beim Amt für öffentliche Ordnung eingeholt, sagt Groscurth. Für die Aufnahmen stellte man dann vorübergehend eine Ladesäule auf.

So ganz hundertprozentig glücklich scheinen aber die Werbetreibenden mit dem zur „Location“ erhobenen Stückchen Stuttgart nicht gewesen zu sein. Im Nachhinein mussten zwei junge Bäume dran glauben, die im Bildhintergrund stehen müssten – natürlich nur im Bildbearbeitungsprogramm der Werbeagentur. Den beiden Bäumen gehe es nach wie vor gut, sagt der EnBW-Sprecher. Die Linden waren im Lauf dieses Jahres gepflanzt worden, als die Stadt den etwas in die Jahre gekommenen Aussichtspunkt wieder aufgemöbelt hat. 150 000 Euro hat sich das Rathaus die Frischzellenkur kosten lassen – dafür gab es neben den erwähnten Bäumen eine neue Stützmauer und drei Sitzbänke, von denen aus der Blick wahlweise in die Innenstadt, auf den bewaldeten Höhenzug gegenüber oder ins Neckartal schweifen kann. Ein Platz, wie gemacht, um seinen Gedanken nachzuhängen – womöglich auch, um über die Tricks bei Werbeaufnahmen zu sinnieren.

Ein BMW in der Stadt von Daimler und Porsche

Dass in der Stadt von Daimler und Porsche die EnBW für ihre Aufnahmen auf einen fahrbaren Untersatz bayerischer Produktion zurückgreift, schmerzt den Lokalpatrioten natürlich, mag aber als Hinweis an die heimischen Hersteller durchgehen, bei der Produktion von E-Autos einen Zahn zuzulegen. Um die württembergische Seele nicht über Gebühr zu belasten, ist bei der Nachbearbeitung der Aufnahme übrigens aus dem in Karlsruhe zugelassenen BMW ein Auto mit Stuttgarter Kennzeichen geworden – ganz im Sinne des Kampagnenslogans „Wir machen das schon.“ Das Fahrzeug steht übrigens während des vermeintlichen Ladevorgangs auf dem Gehweg. Auf der Straße gilt an dieser Stelle ein absolutes Halteverbot. Schließlich soll der schöne Blick auf die Stadt nicht verstellt werden.