Das Internet der Dinge ist auf dem Vormarsch. Für uns Menschen wird es eng – und wir können nichts dagegen tun. Oh www!

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Die Stiftung Warentest hat kürzlich elektrische Zahnbürsten getestet – und in diesem Zusammenhang vor Zahnputz-Apps gewarnt, die Daten an Dritte weitergeben. Spätestens jetzt sollte jedem klar geworden sein, dass die Digitalisierung längst auch das Gebiet der Mundhygiene erreicht hat. Moderne Hightech-Zahnbürsten verbinden sich per W-Lan oder Bluetooth mit dem Internet oder dem Smartphone. Eine App kann den Nutzer dann zum Beispiel daran erinnern, dass es mal wieder Zeit wäre, die Zähne zu putzen. Das mag manchen an seine Kindheit erinnern, als Mama oder Papa immer vor dem Zubettgehen riefen „ Zähne putzen nicht vergessen!“

 

Ein Hersteller elektrischer Zahnbürsten hat sein Gerät sogar mit einer Kamera ausgerüstet, mit der man den Putzvorgang und das Ergebnis in Form von Videos oder Standbildern dokumentieren kann. Wer will, kann die Aufnahmen anschließend über soziale Netzwerke einem größeren Personenkreis zukommen lassen. Wahrscheinlich gibt es schon ein Internetforum, in dem die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Putzstrategien ausgetauscht werden. Auch für manche Zahnärzte wäre es hilfreich, wenn sie in regelmäßigen Zeitabständen hochaufgelöste Aufnahmen der Gebisse ihrer Patienten zugemailt bekämen. Dann könnten die Dentalexperten schon mal kurz überschlagen, wie hoch die nächste Rechnung ausfallen wird – und ihre mittelfristige Finanzplanung darauf abstimmen. Vielleicht ist ja doch ein größeres Auto drin.

Bonuspunkte für vorbildliche Zahnhygiene

Die nächsten Entwicklungsschritte sind vorgezeichnet. Wer schlampig schrubbt oder öfter abends ohne Zähneputzen Schlafen geht, bekommt zunächst eine Erinnerung per Whatsapp auf das Smartphone. Bei groben Patzern erklingt zusätzlich das Geräusch eines Zahnarztbohrers im Einsatz. Bei fortgesetztem Fehlverhalten macht das Gerät automatisch Meldung bei der Krankenversicherung, die darauf mit einer kräftigen Beitragserhöhung droht. Wer dann immer noch nicht zur Vernunft kommt, muss zahlen. Umgekehrt kann man durch vorbildliche Zahnhygiene Bonuspunkte sammeln.

Die Vernetzung sämtlicher Elektro- und Kommunikationsgeräte – das sogenannte Internet der Dinge – soll nach den Vorstellungen führender IT-Gurus unseren gesamten Alltag revolutionieren. So könnte sich die W-Lan-Zahnbürste zum Beispiel mit dem intelligenten Kühlschrank verbinden. Meldet der die Entnahme größerer Mengen zahnschädlicher Süßspeisen, könnte der Dental-Algorithmus zusätzliche Putzvorgänge anmahnen. Interessant wäre sicher auch eine intensivere Kommunikation zwischen Kühlschrank und Badezimmerwaage. Überschreitet der Body-Mass-Index den Richtwert der Weltgesundheitsorganisation WHO, wird automatisch die Kühlschranktür blockiert, um die Aufnahme weiterer Kalorien zu stoppen – und zwar solange, bis der Fitness-Tracker den Verbrauch einer bestimmten Kalorienzahl durch sportliche Aktivitäten meldet. Zudem kann der Kühlschrank im Internet nach figurfreundlichen Rezepten suchen und diese direkt auf das Smartphone spielen.

Hirnwäsche nur im Schonprogramm

Weil sich die Treiber des digitalen Fortschritts Tag und Nacht mit dem Programmieren neuer Apps für das Internet der Dinge beschäftigen, haben sie kaum noch Zeit, elementare Fähigkeiten der Haushaltsführung zu erlernen. Bei wie viel Grad wird dieser Kapuzenpulli eigentlich gewaschen und wie heiß kann ich diese Cargo Pants bügeln? Das werden bald schlaue Wasch- und Bügelmaschinen entscheiden, die die nötigen Infos von intelligenten Textilien mit eingebauten Chips erhalten. Wem das alles zuviel wird, der kann auch gleich sein Gehirn mit in die Waschtrommel legen (37 Grad Schonprogramm, nicht schleudern). Dann fühlt man sich gleich viel freier – und das Denken übernehme sowieso die Maschinen.

Wieso blinkt diese blöde W-Lan Zahnbürste jetzt schon wieder so komisch? Hat sie gesehen, dass ich nach dem Essen noch eine halbe Tafel Schokolade verdrückt habe? Wahrscheinlich hat sie schon unter www.zahngesundheit.de gepetzt. Oh www!