Wochenlang hat sich die AfD im Landtag von Baden-Württemberg nur mit sich selbst beschäftigt. Ob ihr tiefes Zerwürfnis tatsächlich überwunden hat, scheint fraglich. Ein Kommentar von Willi Reiners.

Stuttgart - Es war ein Paukenschlag, als die AfD bei der Landtagswahl im März mit 23 Abgeordneten in die Stuttgarter Volksvertretung einzog. Nur Grüne und CDU, die späteren Koalitionspartner, schnitten besser ab. Auf Anhieb stieg die bunte Truppe um den Kehler Wirtschaftsprofessor Jörg Meuthen zur stärksten Oppositionskraft auf.

 

Doch der Jubel im AfD-Lager währte nur kurz. Gerade die Partei, die im Parlament alles anders machen wollte als die anderen Parteien, zerlegte sich in der unappetitlichen Affäre um die antisemitischen Thesen ihres Abgeordneten Wolfgang Gedeon komplett. Aus einer AfD-Fraktion wurden über Nacht zwei.

Der Streit um Gedeon hat tiefe Verletzungen hinterlassen

Machtspiele, Intrigen, Beleidigungen, Postenschacher – den ganzen Sommer über beschäftigten sich die AfD-Abgeordneten nur mit sich selbst. Ihnen blieb keine Zeit, den Auftrag ihrer Wähler anzunehmen und ordentliche parlamentarische Sacharbeit zu liefern. Als beide AfD-Fraktionen dann auch noch dreist die Gunst der Stunde nutzten und gemeinsam einen Untersuchungsausschuss zum Linksextremismus beantragten, wirkte das wie eine Verhöhnung der Volksvertretung. Denn die Wiedervereinigung wurde zu diesem Zeitpunkt längst vorbereitet.

Ob die AfD-Abgeordneten ihr tiefes Zerwürfnis tatsächlich überwunden haben, scheint mehr als fraglich. Der Streit um Gedeon hat tiefe Verletzungen hinterlassen, das gegenseitige Misstrauen ist gewaltig. Zudem sind eifrige Gedeon-Versteher weiter Teil der Fraktion, das nährt berechtigte Zweifel an deren freiheitlich-demokratischer Zurechnungsfähigkeit. Dennoch, die Landtags-AfD erhält eine zweite Chance. Ob sie derer würdig ist, wird sich zeigen.