Eigentlich wollten die Grünen auf ihrem Treffen in Weimar über Zusammenhalt und Klimaschutz diskutieren. Das haben sie auch. Doch überlagert wurden die Tage von einem anderen Thema.

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

Vielleicht wird von der Klausur der Grünen-Bundestagsfraktion vor allem ein Bild hängen bleiben: Das abgekämpfte Gesicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der am Dienstagabend sichtbar verärgert ein Interview in den Tagesthemen gab. Habeck war aus Weimar zugeschaltet, wo die Grüne Fraktion sich seit Dienstag zur Klausur getroffen hatte. Am Donnerstag endet die Zusammenkunft, die vor allem von einem Thema überschattet ist: dem Koalitionsausschuss am Sonntag. Dort wollen – um nicht zu sagen: müssen – die Ampelpartner wenigstens einen Teil jener Konflikte lösen, die die Regierungsarbeit seit Wochen ausbremst.

 

Für die Tage in Weimar hatten sich die Grünen das Motto „Gemeinsam stärker – Zusammenhalt und Klimaschutz“ gesetzt. Es ging um die Themen Klima, Umwelt und Gesellschaft. Doch dass es hier um mehr geht, wurde schon klar, als Habeck zum Auftakt am Dienstag gemeinsam mit der Außenministerin Annalena Baerbock und den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann vor die Presse trat.

Nur drei Sätze

Er wolle die Konferenz zwar nicht kapern, sagte Habeck, aber doch noch drei Sätze zur Wärmewende loswerden – einem der zahlreichen Themen, über die sich die Koalitionspartner bislang nicht einig sind. Dabei geht es vor allem um einen Gesetzentwurf aus Habecks Ministerium, der vorsieht, den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen schrittweise zu verbieten. Es waren dann 31 Sätze, die Habeck brauchte, um sein Vorhaben zu verteidigen. Und die gingen natürlich nicht wirklich an die anderen Parteimitglieder vor Ort in Weimar. Sondern an die Koalitionspartner in Berlin.

Das galt auch, als Habeck noch am selben Abend in den Tagesthemen auftrat. Dort wurde er noch deutlicher. „Wir haben einen Auftrag, für die Menschen, für Deutschland was zu leisten“, sagte Habeck in dem Interview, „dem kommen wir momentan nicht ausreichend nach. Das ist aber der Sinn von Regierung.“ Habeck kritisierte, dass der Gesetzesvorschlag zur Wärmewende vorzeitig an die Presse gegeben worden war: „Er wurde bewusst geleakt, um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden. Das passiert nicht aus Versehen. Ich bin ein bisschen alarmiert, ob überhaupt Einigungswille da ist. Denn das war schlecht.“

Den Kohleausstieg vorziehen

Offiziell ging es bei der Fraktionsklausur aber eigentlich auch um andere Themen. Drei Beschlüsse verabschiedete die Grüne Fraktion noch am Dienstag in Weimar: zur Gesellschaftspolitik, zum natürlichen Klimaschutz und zum Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Darunter enthielt vor allem der Letzte einen bemerkenswerten Beschluss: Die Grüne fordern, den Kohleausstieg in Ostdeutschland von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Das war bereits vor dem Treffen bekannt geworden und hatte dazu geführt, dass der Betriebsrat des Energieunternehmens Leag seine eigentlich geplante Teilnahme an der Fraktionsklausur absagte.

Das Pressestatement der Fraktionsvorsitzenden Haßelmann und Dröge am Mittwoch hatte dann wieder vor allem ein Thema: Auch hier ging es um den Zustand der Koalition und den Ausschuss, der das Problem lösen sollte. Haßelmann und Dröge schienen zwei Signal senden zu wollen. Einerseits ging es um die Streitpunkte, die die Ampelregierung derzeit beschäftigen: um den Verkehrssektor und das Verbrenner-Aus, die Wärmewende und das Heizungsgesetz. Das müsse der Koalitionsausschuss am Sonntag lösen, so die Fraktionsvorsitzenden – und klangen nicht, als würden sie daran denken, von ihrer Seite nachzugeben.

Haßelmann lobt das „Team Ampel“

Andererseits bemühten sich Haßelmann und Dröge, immer wieder die Gemeinsamkeiten und das Potenzial der Ampel-Koalition hervorzuheben – vor allem bei gesellschaftspolitischen Themen. „Hier zeigt sich im positiven Sinne, wie wir als Ampel und als Team Ampel gemeinsam agieren können“, sagte Haßelmann und verwies auf Projekte wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz oder das Staatsangehörigkeitsrecht. Beide betonten, dass das Arbeitsverhältnis der Koalitionspartner gut sei – eigentlich.

Nach dem Zustand der Koalition gefragt, sagte Dröge, sie wünsche sich „etwas mehr Tempo, etwas weniger Blockade, etwas weniger Rumpeln.“ Angesichts der aktuellen Lage wäre das wohl schon ein Fortschritt.