Frank Sommer – Experte für Männergesundheit Wie wichtig ist die Länge des Penis?

Tote Hose und keine Ahnung warum? Dann ab zu Frank Sommer, dem weltweit einzigen Professor für Männergesundheit. Foto: Adobe Stock//SasinParaksa

Frank Sommer ist der einzige Professor für Männergesundheit weltweit. Im Interview spricht er über Sex im Alter, Potenzprobleme und wie wichtig die Länge des Penis wirklich ist.

Hamburg -

 

Wenn nichts mehr geht, gehen Männer zu Frank Sommer. Bisweilen eher unwillig, wie der Professor für Männergesundheit zu berichten weiß.

Herr Sommer, Sie sind seit 2005 der erste und bislang einzige Professor für Männergesundheit weltweit. Warum hat das so lange gedauert?

Für Frauengesundheit wird wissenschaftlich viel Geld ausgegeben. Die Entscheidungsträger sind meist männlich. Wir Männer haben die Tendenz, uns gesund und kräftig zu fühlen, und wollen gar nicht hören, dass wir krank werden können. Man sieht das ja auch an den Vorsorgeuntersuchungen. Männer hassen das, stecken lieber den Kopf in den Sand, um nicht damit konfrontiert zu werden. Stattdessen fühlen sich Männer als „Beschützer“ der Frauengesundheit.

Warum gehen Männer denn so ungern zum Arzt?

Das haben wir wissenschaftlich untersucht. Die häufigste Antwort war: Männer wollen lange Wartezeiten vermeiden – was sie beim Reifenwechsel nicht stört. Für unseren Körper sind wir aber nicht bereit, 40 Minuten zu warten.

Wie lange muss ich denn warten, bis ich einen Termin bei Ihnen bekomme?

Wir haben eine extrem lange Warteliste, ungefähr zwei Jahre. Für wichtige Fälle machen wir aber auch Sondersprechstunden.

Mit welchen Problemen komme ich denn zu Ihnen?

Wenn es um die Heilung von Erektionsstörungen geht, muss eine komplette Diagnostik gemacht werden: Wie sieht es mit den Nerven aus, mit der Zusammensetzung des Penis, der Durchblutung et cetera? Dann müssen Sie zu mir.

Ihr Hauptgebiet sind also Erektionsstörungen . . .

Mittlerweile. Ich komme ja von der Männergesundheit, dann hatten wir immer mehr Patienten mit Erektionsstörungen und haben festgestellt: Wenn die Störungen gefäßbedingt sind, hat der Mann in der Regel acht Jahre nach der Erstdiagnose einen Herzinfarkt. Der Penis ist die Antenne des Herzens. Auch können Erektionsstörungen je nach Art Vorboten für Stoffwechselstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Da ist dann wieder der ganze Mann im Fokus.

Ab wann spricht man von Erektionsstörungen?

Wenn innerhalb von drei Monaten der Geschlechtsverkehr in über 50 Prozent der Fälle nicht befriedigend durchgeführt werden konnte, es also nicht zur Erektion kommt oder sie nicht aufrechterhalten werden kann. Wenn man stressbedingt einen kleinen Durchhänger hat, ist das eher eine temporäre Sache, die sich meist von selbst regelt.

Stichwort Stress, sind Potenzprobleme Kopfsache?

Man ist bis in die 90er Jahre davon ausgegangen, dass mehr als 90 Prozent der Erektionsstörungen psychogene Ursachen haben. Aber es ist genau umgekehrt: 90 Prozent aller Erektionsprobleme haben organische Ursachen, auf die sich dann ein psychogenes Problem draufsetzt. Die primäre Ursache ist aber meist organisch.

Kommen Ihre Patienten freiwillig?

Die meisten Patienten haben einen so großen Leidensdruck, dass sie freiwillig kommen. Wir haben aber auch Patienten, die von ihren Frauen in die Praxis geschickt werden. Die sind aber meist nicht besonders glücklich darüber. Und die Patienten öffnen sich auch eher, wenn sie aus eigenem Antrieb kommen.

Wie stark definieren sich Männer über ihre Leistungsfähigkeit im Bett?

Im Unterbewusstsein leider immer noch sehr stark. Die gefühlte sexuelle Performance spiegelt auch wider, wie das Selbstwertgefühl ist, wie gut man sich fühlt. Leider, denn wenn es dann nicht mehr funktioniert, leiden die Männer auch sehr stark darunter.

Lässt sich Potenz trainieren?

Wir alle bauen ab dem 35. Lebensjahr ab. Die Frage ist nur wie schnell? Durch gezielte Ernährung, körperliche und mentale Übungen kann man das stark reduzieren und bis ins hohe Alter ohne Hilfsmittel Sex haben.

Sex ist bis ins hohe Alter möglich?

Absolut: Ich habe einen 79-jährigen Patienten mit einer sehr jungen Freundin. Der besteigt jedes Jahr einen Fünftausender. Für den ist Sex ein Lebenselixier. Ich habe aber auch einen 38-jährigen Patienten, der schon lange mit seiner Sexualität abgeschlossen hat.

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Welche Übungen bieten sich bei Potenzproblemen an?

Wenn man in langweiligen Zoom-Meetings sitzt, kann man die Potenzmuskulatur, also den Strang zwischen Anus und Hodensack, anspannen. Man sollte aber wissen, wo sie sitzt und nicht erst während des Meetings danach suchen. Ein zweiter Tipp: Kreuzblütler wie Brokkoli essen. Die sind für die Infrastruktur des Penis zuständig und drosseln das Wachstum von schädlichem Gewebe, das nicht gut für die Erektion ist. Und für die Durchblutung: so viel wie möglich zu Fuß gehen.

Nur 16 Prozent der Deutschen sind mit ihrem Sexualleben zufrieden, der Rest nicht. Was läuft da falsch?

Da gibt es mehrere Aspekte. Einige der Befragten würden sicherlich zugeben, dass es ihre eigene Performance ist, dass sie also selber dafür verantwortlich sind. Andere glauben, dass es am Partner liegt. Wenn man sich die Mühe macht, Dinge zu artikulieren, vielleicht auch mal etwas netter zu sein oder gezielt Dinge einfließen zu lassen, kann man viele Blockaden ausräumen, um eine angenehme Sexualität zu erleben.

Wie hat sich Corona ausgewirkt?

Sehr unterschiedlich. Paare, die zu Hause waren, keine Kinder haben und sich nicht um Verwandte kümmern mussten, hatten mehr Zeit für Sex, haben experimentiert, Sexspielzeug gekauft. Da hat die sexuelle Frequenz zugenommen. Menschen mit Kindern haben sich durch die große Nähe und den permanenten Stress zu Hause – enger Raum, Kindergeschrei, die Kinder konnten ja nicht raus – sexuell eher entfremdet.

Sex ist in aller Munde, Pornos sind frei verfügbar und doch haben die Menschen immer weniger Sex . . .

Sexuelle Reizüberflutung, gleichzeitig wird die Triebenergie immer weniger. Wir werden überflutet mit Reizen, die uns Energie rauben. Da geht viel Triebenergie verloren, so dass am Ende des Tages zu wenig für Sex übrig bleibt.

Das Rollenbild des Mannes ist im Wandel, viele sind verunsichert. Kommt das auch in Ihrer Praxis an?

Auf jeden Fall. Viele Männer wissen nicht mehr, was sie machen sollen. All die Erwartungen, die an sie gestellt werden: Arbeit, Kinder, Hausarbeit, soziales Engagement, das ist megaanstrengend. Da bleibt wenig Triebenergie übrig. Eine Lösung kann ich ihnen da aber leider nicht bieten.

Wie wichtig ist die Länge des Penis wirklich?

Männer diskutieren oft über die Länge und den Umfang. In der Männerfantasie ist das ein Megathema. Den meisten Frauen ist es eher wichtig, was der Mann mit seinem Penis und seinen sonstigen Körperteilen anstellen kann, um einer Frau Freude zu bereiten. Ein 23 Zentimeter langer Penis bringt der Frau wenig, wenn es wehtut und der Mann nach ein paar Sekunden fertig ist. Wenn aber jemand, der von der Natur vielleicht nicht so gut ausgestattet ist, mit seinem Penis, seinen Fingern und seiner Zunge ein Künstler auf sexueller Ebene ist, müsste er der Liebling aller Frauen sein.

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Zur Person

Experte an der Elbe
Der Urologe, Androloge und Sportmediziner Frank Sommer – 1967 in Aachen geboren – befasste sich nach seinem Studium vor allem mit der Erforschung männlicher Sexualstörungen. 2005 wurde er als erster Arzt der Welt als Professor für Männergesundheit berufen. Die Kehrseite der Medaille sind Sprechstunden bis 22 Uhr. Er arbeitet am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg.

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