Eine auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellte Verbraucherstudie macht Verlagen und Buchhändlern Mut, die bei Kinder- und Jugendbüchern auf das gedruckte Wort setzen. E-Books sind für diesen Markt quasi irrelevant.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Frankfurt - Ist das junge Lesepublikum auf dem deutschen Buchmarkt eine Bastion gegen den Trend zum elektronischen Buch? Eine auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellte Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (AVJ), welche die Entwicklung des Marktes von 2009 bis heute unter die Lupe genommen hat, kommt für gedruckte Kinder- und Jugendbücher zu überraschend positiven Ergebnissen. Das gedruckte Buch hat dort auch 2013 einen Marktanteil von 96 Prozent, der sich in den vergangen Jahren praktisch nicht verändert hat. E-Books sind mit einem Prozent quasi irrelevant.

 

Wenn es um die – meist von Erwachsenen gefällte – Entscheidung geht, wo man nach einem Kinderbuch stöbert, haben die Buchläden entgegen aller Unkenrufe sogar Boden gutgemacht. 2010 sind 62 Prozent aller Kinder- und Jugendbücher in Deutschland im Laden gekauft worden – heute sind es zwei Drittel, vier Prozentpunkte mehr. „Es ist gut, dass die ganze Aufgeregtheit um die E-Books einer gewissen Normalität gewichen ist“, sagt Alexander Skipsis, der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.

Kinder in Buchläden

Beim Vorlesen wollten Eltern anscheinend kein elektronisches Gerät zwischen sich und ihre Kinder schieben. „Wenn Qualität und Aufmachung stimmen, dann sind die Verbraucher auch bereit, einen Euro mehr auszugeben“, sagt Renate Reichstein, die der Arbeitsgemeinschaft der Jugendbuchverlage vorsteht, angesichts der Tatsache, dass die Käufer von den Verlagen verstärkt hochwertige Bücher verlangen. Immer öfter gehen laut der Studie, für die je nach Stichwort zwischen 2000 und 25 000 Bücherkäufer befragt wurden, auch jüngere Kinder in die Buchläden. Dass Zehn- bis Fünfzehnjährige sich bis jetzt nicht auf elektronische Bücher stürzen, könne aber auch praktische Gründe haben, räumt Reichstein ein.

Während Kinder und Jugendliche im Buchladen ihr Taschengeld freihändig ausgeben können, müssen die Eltern ihnen beim Einkaufen im Internet helfen. Selbstverständlich müssten die Verlage für ein verändertes Käuferverhalten gewappnet sein, sagte Reichstein: „Diejenigen, die heute beispielsweise elektronische Bilderbücher anbieten, haben bisher ihre Investitionen aber nicht wieder hereingeholt.“

Schwerpunkt „Kinder und E-Books“

Die Veranstalter der Buchmesse haben dennoch einen Schwerpunkt zum Thema „Kinder und E-Books“ eingerichtet. Neben den Messeständen der traditionellen Kinder- und Jugendbuchverlage, die ihre grafisch und optisch oft opulent gestalteten, gedruckten Bücher in den Mittelpunkt rücken, wirken die Messestände von Start-up-Unternehmen wie der Münchner Firma Tigerbooks, die seit zwei Jahren eine Verkaufsplattform für elektronische Kinderbücher anbietet, noch bescheiden.

„Bisher wissen die Verlage noch gar nicht, was man überhaupt damit machen kann“, sagt Carolin Ulrich, die für das kleine Unternehmen digitale Kinderbücher gestaltet. Es gebe zwar in der Jugendbuchbranche ein paar Vorreiter, aber insgesamt seien die deutschen Verleger konservativ: „Das ist eine Generationenfrage. Wenn diejenigen, die heute schon in der digitalen Welt aufwachsen, erst einmal selber Kinder bekommen, wird sich das radikal ändern.“ Das Unternehmen bietet unter dem Namen Tigercreate inzwischen zusätzlich Software an, die den Verlagen bei der Produktion von interaktiven Kinderbüchern helfen soll. Was am Messestand allerdings zu sehen ist, wirkt auf den ersten Blick bescheiden. Dass Bilderbuchfiguren animiert sind und sich Seiten mit einem Klick weiterblättern lassen, erscheint nicht revolutionär. Interaktiv erzählte Geschichten beispielsweise, wo die Leser ganze Erzähl- und Handlungsstränge beeinflussen, sind hier noch nicht zu sehen.

In einem Punkt sind sich Skeptiker und Optimisten beim Thema E-Book allerdings einig. Wie sich der Markt entwickeln wird, hängt auch davon ab, was an den Schulen passiert. „In einigen Ländern, etwa in Asien, ist es schon ganz selbstverständlich, dass jeder Schüler ein elektronisches Lesegerät hat“, berichtet Carolin Ulrich von Tigerbooks. „Sobald sich das Leseverhalten an den Schulen verändert, ändert sich alles andere“, sagt auch Renate Reichstein, die Sprecherin der Jugendbuchverlage. Die Schulbuchanbieter werden sich nach den Wünschen der Besteller richten. Multimedialer Unterricht sei Alltag, von der voll digitalisierten Schule sei man in Deutschland aber weit entfernt, sagt Tilo Knoche, Geschäftsführer des Stuttgarter Ernst-Klett-Verlags. Dafür fehle noch die Infrastruktur. Als rückständig wolle er das nicht bezeichnen, sagt Knoche. Letztlich sei es eine Entscheidung, welche die Gesellschaft treffen müsse: „Man sollte aber nicht immer nur darüber reden, was technologisch machbar ist.“ Die Schule könne ein Gegenpol sein. Eines sei aber klar: „Was die Schulen vormittags an Ansprüchen stellen, wird auch den Nachmittag beeinflussen.“