Auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kocht in den Einflugschneisen des Frankfurter Flughafens die Volksseele. Die Parteien greifen das nun auch im Wahlkampf auf.

Frankfurt - In das angeblich so fest gefügte Nachtflugverbot auf dem Frankfurter Flughafen kommt ein halbes Jahr vor der Landtagswahl Bewegung. Gleich dreimal stand das Thema in diesen Tagen im Mittelpunkt der Diskussionen. Den Anfang machten die SPD-Oberbürgermeister aus Frankfurt, Offenbach, Hanau und Mainz, die ein gemeinsames Positionspapier vorlegten. Sie streben trotz des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) auf Dauer eine Minderung der Lärmbelastung an. Das Gericht hatte den Flughafenausbau für rechtens erklärt, Nachtflüge zwischen 23 Uhr und 5 Uhr allerdings untersagt.

 

Einen Tag nach der Aktion der Bürgermeister stellten die hessischen Grünen ein Rechtsgutachten vor, das mögliche Ansätze für die Lärmreduzierung liefern soll. Schließlich setzten sich auch die Parteien im Landtag mit dem Dauerbrenner auseinander. Die intensive Beschäftigung mit dem Lärmproblem ein halbes Jahr vor dem Wahltermin am 22. September zeigt, dass der Flughafen eine bedeutende Rolle im Wahlkampf spielen wird. Es könnte über den Fortbestand der schwarz-gelben Koalition entscheiden und zum Zankapfel zwischen SPD und Grünen werden.

Die Fluglärmgegner lassen jedenfalls nicht locker. Jeden Montag demonstrieren sie nach wie vor im Terminal 1 , mittlerweile 55-mal. Vor allem Grüne und Linkspartei hoffen, aus dem Protest Honig zu saugen. Dagegen zählt(e) die SPD, die eine differenzierte Haltung einnimmt, wegen der mit dem Flughafen verbundenen Arbeitsplätze ebenso wie CDU und FDP zu den Befürwortern des Ausbaus. Überraschend hatten sich die Rathauschefs aus Frankfurt, Offenbach, Hanau und Mainz zu Wort gemeldet. Sie forderten ein um zwei Stunden auf die Zeit von 22 bis sechs Uhr erweitertes Nachtflugverbot sowie verbindliche Lärmobergrenzen und setzen dabei auf eine Revisionsklausel im Planfeststellungsbeschluss zum Flughafenausbau. Außerdem solle über einen sogenannten Lärmthaler, der von Passagieren und für Fracht erhoben werden soll, ein Regionalfonds für Schallschutz gespeist werden, von dem vor allem Mainz profitieren würde.

Mehr Schutz gegen Fluglärm ist, laut den Grünen, möglich

Die Grünen legten dagegen ein Rechtsgutachten vor, das angeblich Möglichkeiten für mehr Schutz gegen Fluglärm aufzeigt. Es lasse jedenfalls, so Fraktionschefs Tarek Al-Wazir, aus seiner Sicht erkennen, „dass der Kampf für weniger Lärm und eine ungestörte Nachtruhe von 22 bis sechs Uhr noch lange nicht verloren ist“. Doch die beauftragte Berliner Kanzlei selbst sieht kaum Chancen, das Nachtflugverbot um zwei Stunden auszudehnen. Also hofft die Ökopartei auf (bundes)gesetzliche Änderungen und eine Selbstbeschränkung der Flughafenbetreiberin Fraport AG. Doch selbst SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, der im Falle eines Wahlsiegs eine rot-grüne Koalition schmieden will, sieht dafür nach der Entscheidung des BVerwG keine rechtlichen Spielräume.

Allein der Bundesgesetzgeber und die Fraport, so Schäfer-Gümbel, könnten Änderungen herbeiführen, wie er in der Debatte im Landtag erneut betonte. Er berief sich auf ein von der SPD in Auftrag gegebenes Gutachten, wonach die schwarz-gelbe Landesregierung nach der sogenannten Planklarstellung der Landespolitik die „rechtlichen Möglichkeiten aus der Hand geschlagen“ habe. CDU und FDP sehen dagegen in dem Vorstoß des OB-Quartetts, dass die SPD in der Frage eines Flugverbotes in den Nachtstunden „völlig zerstritten“ ist. Al-Wazir wiederum verhehlte nicht, dass bei der Bundes- wie der Landtagswahl am 22. September auch über mehr Schutz vor Fluglärm abgestimmt werde. Er setzt im Fall einer rot-grünen Koalition in Berlin wie in Wiesbaden auf eine Änderung der Bundesgesetze.