Das sorgsam gehütete Geheimnis um den Nachfolger des 84-jährigen Zeichners Albert Uderzo ist gelüftet. Die Wahl fiel auf Jean-Yves Ferri.

Paris - Auch in Gallien fällt der Apfel nicht weit vom Stamm. Asterix ist ein gewitzter Kerl. Sein Vater ist es auch. Albert Uderzo, der den kleinen Krieger seit dem Tod des genialen Texters René Goscinny im November 1977 allein aufzieht, hält die Zeit für gekommen, Federhalter und Pinsel endgültig aus der Hand zu legen. Der 84-Jährige, der schmallippig, knollennasig und gewichtig mehr an den Asterix-Kumpel Obelix erinnert, hat auch denjenigen längst gefunden, der dem Helden fortan Gesicht und Stimme verleihen soll. Aber Uderzo verrät nicht, wer es ist. Er ziert sich. Er schürt die Spannung, inszeniert den medialen Coup.

 

Bei einem Pariser Empfang zur Feier von weltweit 350 Millionen verkauften Asterix-Bänden sagt Albert Uderzo noch am Montag lediglich, dass er nichts sagt. Am Dienstag, nur einen Tag später, wird das Geheimnis dann doch gelüftet. Der "Figaro" plaudert es aus, und zwar auf seiner Titelseite. Jean-Yves Ferri ist der glückliche neue Asterix-Vater. Der geschäftstüchtige Uderzo hat, was er wollte: zwei Tage Schlagzeilen hintereinander. Aber wer zum Teufel ist Ferri? Das Rätselraten geht also weiter. Ganz Paris träumt am Dienstag nicht mehr nur von der Liebe, sondern auch davon, mehr über den neuen Vormund zu erfahren.

Anders als der alte macht dieser nämlich nicht gern von sich reden. Der 52-Jährige ist schüchtern. Am Telefon nach den neuen Vaterfreuden gefragt, reagiert er unwirsch und bittet, ihn in Ruhe arbeiten zu lassen. Nicht einmal Jean-Yves Ferris Aussehen ist zweifelsfrei zu bestimmen. Gewiss, der bodenständige Franzose mit dem mittlerweile recht lichten Haar ist schmallippig wie Albert Uderzo und trägt Bart. Aber was für einen? Mal ist es ein Schnauzer, der Salvatore Dali vor Neid erblassen ließe. Dann wieder prangt der Bart mitten auf dem Kinn, an einem Tag ein runder, am anderen ein eckiger.

Jean-Yves Ferri ist der Richtige

Fest steht immerhin: der Drehbuchautor und Zeichner, der sich bereits die Geschichten des nächsten, im Jahr 2012 erscheinenden Asterix-Bandes ausgedacht hat, darf sich weitere ausdenken. In Bilder umsetzen werden die Einfälle dann die aus Nordafrika stammenden Brüder Frédéric und Thoerry Mébarki, die in der Vergangenheit auch schon dem großen Albert Uderzo zur Hand gegangen sind. Frédéric wird zeichnen, Thierry kolorieren, wie gehabt. Und fest steht auch, und das ist das Wichtigste: Jean-Yves Ferri ist der Richtige. Uderzo hätte schwerlich einen Besseren finden können.

Anne Goscinny, die Tochter des verstorbenen Asterix-Texters, hat am Montag gesagt, Asterix neuer Vater könne sich "unendlich glücklich" schätzen, dass ihm der kleine Recke anvertraut worden sei. Hinzuzufügen wäre: Asterix darf sich mindestens genauso glücklich schätzen. Von der Schüchternheit einmal abgesehen, passen Ferri und der berühmte Gallier wunderbar zusammen.

De Gaulle mit Eimerchen und Schaufel

Schon Jean-Yves Ferris Ende 2007 erschienener Comicband "De Gaulle am Strand" zeigt es. Nicht nur, dass de Gaulle fast schon wie eine vorweggenommene Huldigung an Gallien klingt. Die Art und Weise, wie Ferri es fertigbringt, die Würde des alten Generals zu wahren und den Leser trotzdem aufs Vortrefflichste zu amüsieren, dürfte Asterix zu Freudentänzen ums Lagerfeuer hinreißen. Eben dies erhofft sich der Held doch auch für sich selbst. Dass er trotz in seinem Fall bescheidener körperlicher Ausmaße Größe zeigen darf und die Lacher gleichwohl auf seiner Seite hat. Ferri zeigt de Gaulle mit Eimerchen und Schaufel in Gummilatschen. Zum Schreien komisch sieht der Staatsmann aus und wirkt doch nicht lächerlich.

Hinzu kommt die charakterliche Nähe von Ferri und Asterix. Beide lieben das Bodenständige, die Ursprünglichkeit, das kleine Dorf, das Leben auf dem Lande, die Heimat. Eine der frühen Comicfiguren, die Ferri geschaffen hat, ist der Bauer und Polizist Aimé Lacapelle, ein Mann, erdverbunden und spöttisch, aus dem der Autor selbst zu sprechen scheint.

Wobei die Auswahl des neuen Asterix-Vaters nicht allein Uderzos Werk ist. Das letzte Wort über die Verpflichtung hat der Hachette-Verlag. Als Uderzo freilich erfuhr, dass Jean-Yves Ferri das Rennen machen würde, schien es dem 84-Jährigen so, als habe er an Obelix' Zaubertrank genippt. "Ich war außer mir vor Freude", erzählt er jetzt, da das Geheimnis gelüftet ist. Was nicht heißt, dass Albert Uderzo dem Nachfolger nicht noch gelegentlich auf die Finger schauen wird, wie dies Großväter eben so tun. "Meine Rolle wird es sein, darüber zu wachen, dass der Charakter meiner gallischen Helden nicht verraten wird", kündigt er an. Das Risiko, dass er einschreiten muss, dürfte freilich gering sein.

Asterix und Obelix - Zwei ungleiche Helden

Geburt: Im Sommer 1959 sitzen Albert Uderzo, Sohn italienischer Einwanderer, und René Goscinny, aufgewachsen in Argentinien, auf einem Balkon der Pariser Vorstadt Bobigny. Sie kippen einen Pastis nach dem anderen, rauchen wie die Schlote und grübeln über einen Beitrag für das Comic-Magazin „Pilote“. Eine französische Alternative zu den amerikanischen Comics soll es sein. „Die Gallier, das wär’s doch“, ist die Idee. Gemeinsam denken sie sich zwei ungleiche Helden aus, ein paar Krieger und ein befestigtes Dorf.

Werdegang: Seit 1959 sind 34 Bände erschienen, weltweit 350 Millionen Exemplare über die Ladentheke gegangen. Die Abenteuer wurden in 107 Sprachen übersetzt.

Ende: Ein Ende wird es nicht geben. „Asterix und Obelix sind unsterblich, universal, haben sich für immer in den Köpfen der Menschen festgesetzt“, versichert jedenfalls der Zeichner Albert Uderzo.