Frankreichs Superstar Kylian Mbappé gibt sich nach dem verdienten Halbfinal-Aus betont selbstkritisch, Trainer Didier Deschamps darf weitermachen.
Zusammen verließen sie den Platz. Und doch waren die französischen Verlierer bei ihrem Abgang getrennt. Jeder ging für sich in die Kabine in der Münchner Arena, die Spieler gingen nebeneinander, nicht miteinander. Jeder verließ den Rasen mit sich hadernd, kopfschüttelnd, gedankenverloren. Frankreich, der Weltmeister von 2018 und Vizeweltmeister von 2022, ist nach der verdienten 1:2-Halbfinalniederlage gegen Spanien also raus bei der EM. Und hinterher, nachdem die ersten Gedanken gesammelt waren, da mangelte es nicht an klaren Worten. So müde und matt die Franzosen über weite Strecken der EM aufgetreten waren, so erfrischend war nach dem Aus von München immerhin die Selbstkritik.
Stellvertretend dafür steht der Auftritt von Superstar Kylian Mbappé, der wenig Raum für Diskussionen ließ. „Entweder man ist gut oder man ist nicht gut“, sagte er trocken: „Das war’s, ich war nicht gut, so einfach ist das.“ Und weiter, im Klartext-Modus: „Ich wollte Europameister werden, ich wollte eine gute EM spielen – ich habe weder das eine noch das andere getan.“
Tja, so war das wohl – der Auftritt Mbappés geriet wie der des gesamten Teams zu einer Enttäuschung. Beim Halbfinale von München ließ Mbappé zwar seine Carbonmaske weg, die er aufgrund eines Nasenbeinbruchs aus der ersten Partie gegen Österreich getragen hatte. Allein: Es half nichts. „Ich konnte damit nicht gut sehen“, sagte er hinterher: „Ich habe mit dem Arzt gesprochen, und er hat mir gesagt, ich solle die Entscheidung wie ein Mann treffen.“
Mbappé ließ also seine Maske fallen, auch nach der Partie, im übertragenen Sinn. „Ich denke, ich muss ein Tor schießen“, meinte der Neuzugang von Real Madrid zu seiner Großchance kurz vor dem Abpfiff. „Zumindest muss der Schuss aufs Tor kommen, aber er geht drüber. Das ist die harte Realität im Fußball.“
Der müssen sich die Franzosen nun stellen. Mbappé wusste, dass das Ausscheiden verdient war. Spanien habe einfach „besser gespielt als wir“, sagte er noch: „Sie haben es verdient ins Finale zu kommen und wir fahren nach Hause.“ Oder anders: Frankreich ist demaskiert.
Die schwache, tempolose Offensive und die müde Spielweise der Equipe Tricolore hat dabei nun zumindest faktisch keine Konsequenzen für den Trainer Didier Deschamps, den Defensivfanatiker. Am Tag nach dem Aus versicherte Verbandschef Philippe Diallo, dass der Coach im Amt bleibe und seinen Vertrag bis nach der WM 2026 erfüllen werde. Deschamps habe die Mannschaft „auf die bestmögliche Art durch diese EM geführt“, sagte Diallo: „Ich sehe keinen Grund, seinen Vertrag infrage zu stellen.“ Der Trainer werde „seine Mission fortsetzen.“
Wie das genau funktionieren soll, das freilich ist offen. Er allein „trage die Verantwortung“, sagte Deschamps selbst am späten Dienstagabend. Nur worin diese genau bestand, das ließ er offen.
Auch Mbappé („Ich bin nicht der Coach“) hatte keine Antwort auf die Frage, was sich nun ändern müsse. Einzig der alte Kämpe Antoine Griezmann monierte die „vielen taktischen Wechsel“ bei den Franzosen. Deschamps hatte im Laufe des Turniers immer wieder umgestellt, mal mit oder ohne Griezmann, mal mit Doppelspitze oder Außenangreifern gespielt. Der Auftritt der Franzosen geriet dabei immer gleich: träge und uninspiriert.