Frankreichs Sozialisten haben sich in der ersten Runde der Parlamentswahl am Sonntag klar durchgesetzt. Nun winkt ihnen gar die absolute Mehrheit der Mandate. Hollande hätte damit im Parlament freie Hand.

Paris - Frankreichs Sozialisten haben sich in der ersten Runde der Parlamentswahlen am Sonntag klar durchgesetzt. Laut Hochrechnungen kommt die Partei des Präsidenten François Hollande zusammen mit ihren linksradikalen und grünen Verbündeten auf 47,1 Prozent der Stimmen. 34,9 Prozent für die PS, 6,9 Prozent für die Front der Linken und 5,3 Prozent für die Grünen, lautet das vorläufige Ergebnis. Die Linke stellt damit voraussichtlich 305 bis 353 der 577 Abgeordneten der Nationalversammlung.

 

Hollande hätte im Parlament freie Hand

Die Sozialisten dürfen sich darüber hinaus Hoffnungen machen, es nach der Stichwahl am nächsten Sonntag aus eigener Kraft zur absoluten Mehrheit zu bringen. 289 Mandate wären das. Hollande hätte damit im Parlament freie Hand. Die Aussicht, den Drahtseilakt zwischen Haushaltssanierung und Ankurbelung des Wirtschaftswachstums ohne wankelmütige Grüne und ideologisch fixierte Linksradikale in Angriff nehmen zu können, dürfte für den pragmatischen Sozialdemokraten am Sonntagabend die beste von vielen guten Nachrichten gewesen sein.

Die rechtsbürgerliche UMP des früheren Staatschefs Nicolas Sarkozy kam laut den Hochrechnungen auf 35,4 Prozent und darf mit 227 bis 266 Mandaten rechnen. Für den rechtspopulistischen Front National (FN) stimmten 13,4 Prozent der Wähler, für François Bayrous Zentrumspartei MoDem 1,5 Prozent. Da infolge des Mehrheitswahlrechts allein ein Mandat erringt, wer in seinem Wahlkreis den Sieg davonträgt, sind beide Parteien im neuen Parlament jedoch mit höchstens drei Abgeordneten vertreten. Anderes gilt für die Grünen, die mit den Sozialisten ein Wahlbündnis geschlossen haben und dank des Rückzugs der PS aus mehreren Wahlkreisen voraussichtlich acht bis 14 Abgeordnete stellen werden.

Die Front der Linken, die sich ebenfalls eines gewissen Wohlwollens der Sozialisten erfreut, darf mit 14 bis 20 Mandaten rechnen. Der Parteivorsitzende Jean-Luc Mélenchon, der in der nordfranzösischen Hochburg der FN-Chefin Marine Le Pen punkten wollte, ist am Sonntag allerdings gescheitert. In der zweiten Runde wird anstatt Mélenchon ein Sozialist die Rechtspopulistin herausfordern.

Wahlbeteiligung so niedrig wie noch nie

Die Wahlbeteiligung lag unter 60 Prozent und war damit so gering wie noch nie in der Geschichte der 1958 gegründeten Fünften Republik. Zum einen mag dies einer gewissen Wahlmüdigkeit zuzuschreiben sein. Neun Monate Wahlkampf haben Spuren hinterlassen. Der Kür des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten folgten die Präsidentschaftswahlen und nun die Parlamentswahlen. Hinzu kommt das verbreitete Gefühl, mit der Entscheidung für Hollande und dem Machtwechsel im Elysée-Palast die wichtigsten politischen Weichen bereits gestellt zu haben. Dem neuen Staatschef die parlamentarischen Mittel zum Regieren an die Hand zu geben, schien so manchem Franzosen lediglich Vollzug einer zuvor getroffenen Entscheidung, für den man sich nicht unbedingt selbst ins Wahllokal bemühen muss.

Die Vorsitzende der Sozialisten, Martine Aubry, bekundete am Sonntagabend ihre Genugtuung darüber, dass „die Franzosen Ja gesagt haben zum von Hollande versprochenen Wandel“. UMP-Chef Jean-François Copé strich heraus, dass das Spiel noch nicht aus sei und die definitive Entscheidung über Frankreichs Zukunft am nächsten Sonntag falle. Die endgültige Zusammensetzung der neuen Nationalversammlung entscheidet sich in der Tat erst in der Stichwahl. Antreten darf dann nur noch, wer in seinem Wahlkreis mindestens 12,5 Prozent der Stimmberechtigten hinter sich gebracht hat. Bei nur knapp 60 Prozent Wahlbeteiligung entspricht dies rund 21 Prozent der tatsächlich abgegebenen Stimmen. Eine hohe Hürde stellt das dar, an der zumal Kandidaten des rechtspopulistischen Front National gescheitert sind.