Die Rechtspopulisten schweben auf Wolke sieben, die Konservativen fordern, nun ein neues europäisches Kapitel zu schreiben. Und Frankreichs Präsident François Hollande arbeitet im Krisenmodus.

Paris - „Sieg der Freiheit, jetzt gilt es auch in Frankreich und den anderen Ländern der EU ein Referendum durchzuführen“, verkündet die Chefin des rechtspopulistischen Front National (FN) am frühen Freitagmorgen. Ansonsten herrscht nach dem Votum der Briten in Frankreich rundum Bestürzung.

 

Während die FN-Vorsitzende nach dem Brexit nun auf den Frexit hinwirken will, zieht man in den anderen politischen Lagern den gegenteiligen Schluss. Aus der Not eine Tugend machen, die Flucht nach vorne antreten, ein besseres Europa aus der Taufe heben – das ist dir Devise.

Für die konservative Opposition der „Republikaner“ mahnt die Nationalsekretärin Salima Saa an, dass Frankreich in einem neuen Europa ohne Großbritannien den ihm gebührenden Platz einzunehmen habe und Europas Stimme seit einiger Zeit von der Stimme der deutschen Kanzlerin Angela Merkel übertönt worden sei. Angemessene Mitsprache in der EU verlange freilich zunächst, sich den europäischen Regeln zu unterwerfen, die man selbst aufgestellt habe. Zu ihnen gehöre auch die Verpflichtung, die Verschuldensgrenzen von Maastricht zu respektieren.

Juppé: EU darf so nicht weitermachen

Alain Juppé, der Bürgermeister von Bordeaux, frühere Premier und Favorit der Konservativen für die Präsidentschaftswahlen 2017, meint: „Der größte Irrtum wäre es, wenn Europa mit nun noch 27 Staaten so weitermachte wie vorher; wir müssen ein neues Kapitel europäischer Geschichte schreiben.“

Frankreichs sozialistischer Staatschef Francois Hollande, der den Ministerrat zu einer Krisensitzung einberufen hat und sich vor dem Europarat am nächsten Montag in Berlin mit der Bundeskanzlerin abstimmen will, plädierte schon in der Nacht zum Freitag für eine Europa, das „seine Sicherheit, seine Verteidigung gewährleisten kann sowie die Kontrolle seiner Grenzen, um nicht noch einmal erleben zu müssen, was wir in der Flüchtlingsfrage erfahren haben“. Und Außenminister Jean-Marc Ayrault stellte am Freitagmorgen fest: „Traurig für Großbritannien, Europa wird weiter bestehen, muss aber reagieren und das Vertrauen der Völker zurückgewinnen, das ist dringlich.“