Ein Dekret aus Paris zur Abschaltung des Atomkraftwerkes im Elsaß wollen lokale Behörden anfechten. Der Bürgermeister von Fessenheim sorgt sich um mindestens 1000 Arbeitsplätze.

Stuttgart - Ein Rechtsstreit könnte die geplante Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim am Rhein verzögern. Die französische Region Grand Est mit Sitz in Straßburg kündigte auf Nachfrage der Agentur dpa an, eine Klage des Bürgermeisters von Fessenheim, Claude Brender, gegen die Stilllegung zu unterstützen. „Die Entscheidung, ein Kernkraftwerk zu schließen, müssen der Betreiber und die Atomaufsicht treffen“, hieß es weiter. „Das wurde hier nicht getan. Der Staat hat deshalb keine objektive Grundlage, um seine Entscheidung durchzusetzen.“

 

Der Bürgermeister bezichtigt die Regierung der Lüge

Die französische Regierung hatte am Sonntag ein Dekret im Amtsblatt veröffentlicht, das die Schließung des umstrittenen Atomkraftwerks an der Grenze zu Deutschland besiegelt und es an die Eröffnung eines Akw-Neubaus in Flamanville am Ärmelkanal knüpft. Fessenheims Bürgermeister Brender kündigte daraufhin eine Beschwerde beim Staatsrat an, Frankreichs oberstem Verwaltungsgericht. Die Kommune sowie die Gewerkschaften befürchten einen Verlust der Arbeitsplätze.

Brender hat französischen Medien gesagt, dass das mit dem 1977 in Betrieb gegangenen Atomkraftwerk „1000 direkte und 1200 indirekte Arbeitsplätze“ verbunden seien. „Das Kraftwerk ernährt 5000 Menschen. Es trägt zu 80 Prozent unseres Haushalts bei. Es ist lebensnotwendig für uns“, sagte Brender. Man solle nicht mit der Behauptung kommen, dass eine Stillegung und ein Rückbau ausreichend Jobs bringe. Ein Rückbau schaffe höchstens 200 Arbeitsplätze für die nächsten 30 Jahre, das sei weit entfernt von den derzeit 2200 Arbeitsplätzen. „Die Regierung lügt die Franzosen an“, sagte Brender, der Mitglied der Partei UDI ist, laut Zeitung „Le Parisien“.

Deutschland und Umweltschützer sehen das älteste französische Atomkraftwerk hingegen als Sicherheitsrisiko. Der Betreiber EDF hatte einer Schließung allerdings nur unter Bedingungen zugestimmt: So soll Fessenheim erst geschlossen werden, wenn ein neuer Meiler in Flamanville am Ärmelkanal ans Netz geht - er soll nach langen Verzögerungen Ende des Jahres 2018 fertig sein.

Auch die EnBW profitieren von Fessenheim

Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hatte am Sonntag das Dekret aus Paris als „Augenwischerei“ kritisiert. Das Abschalten von Fessenheim sei „sicher nicht näher gerückt“. Er meinte: „Das Dekret ist so formuliert, dass es den Betrieb von Fessenheim auf Jahre hinaus zementiert. So ist es mehr eine Betriebserlaubnis als ein Abschaltdekret.“

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, gehört auch der Staatskonzern EnBW zu den Profiteuren der Stromproduktion in Fessenheim. EnBW habe ein Strombezugsrecht in Höhe von 17,5 Prozent an Fessenheim und sei entsprechend auch an den laufenden Kosten beteiligt, erkärte der Energiekonzern am Montag. Geht Fessenheim vom Netz, verliert die EnBW auch eine Strom- und Einnahmequelle.