Im November 2020 löste sich an der A3 ein Betonteil aus einer Lärmschutzwand und erschlug eine Autofahrerin. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln gegen 15 Beschuldigte – darunter auch Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßen NRW.

Köln - Vor gut einem Jahr erschlug eine Betonplatte eine Autofahrerin auf der A3 – jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln gegen 15 Beschuldigte. Sieben von ihnen sind Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßen NRW. Die weiteren Beschuldigten sind zwei Prüfingenieure und sechs Mitarbeiter von Baufirmen, die mit der Befestigung der Betonelemente an der Lärmschutzwand beauftragt waren. Bisher hatten sich die Ermittlungen gegen unbekannt gerichtet. Das Betonteil hatte sich im November 2020 aus der Wand gelöst und eine 66 Jahre alte Autofahrerin aus Köln in ihrem Wagen erschlagen.

 

Im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren durchsuchten Beamte der Staatsanwaltschaft und der Polizei am Donnerstag die Geschäftsräume zweier Baufirmen in Ibbenbüren und Münster sowie des Landesbetriebs Straßenbau NRW in Gelsenkirchen, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Es bestehe der Verdacht der fahrlässigen Tötung.

Eigenmächtige Schweißarbeiten

Die Staatsanwaltschaft hat demnach Hinweise darauf, dass die Befestigung der Lärmschutzwand von der ursprünglich geplanten Konstruktion beziehungsweise der bauaufsichtlichen Zulassung abwich und dies in der Folge auch nicht mehr behoben wurde.

„Die Anbringung der beiden oberen Haltepunkte soll abweichend von der geprüften Statik, den Produktvorgaben und der bauaufsichtlichen Zulassung erfolgt sein“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer der Deutschen Presse-Agentur. „Zudem sollen eigenmächtige Schweißarbeiten an den Haltepunkten durchgeführt worden sein. Die Halterungen sollen im Übrigen keinen ausreichenden Korrosionsschutz aufgewiesen haben.“

Sechs Tonnen schweres Betonelement

Dies könnte die Ursache dafür gewesen sein, dass sich das sechs Tonnen schwere Betonelement aus der Lärmschutzwand an der Bundesautobahn 3 in Höhe Köln-Dellbrück gelöst habe.

Die Durchsuchungen hätten dem Auffinden und der Sicherstellung verfahrensrelevanter Unterlagen - insbesondere des E-Mail-Verkehrs - gedient. Die Auswertung dauere an.

Der Landesbetrieb Straßen NRW hatte kurz nach dem Unglück mitgeteilt, dass beim Einbau der Platte 2007 improvisiert worden sei, um einen Höhenunterschied auszugleichen. Bei der regelwidrigen Konstruktion habe eine angeschweißte Schraube die Zugkräfte des tonnenschweren Teils aus Stahlbeton aber auf Dauer nicht getragen.

Suche nach den Verursachern war schwierig

Die Suche nach den Verursachern des Baupfuschs gestaltete sich schwierig: Laut eines Berichts des NRW-Verkehrsministeriums an den Landtag hatte eine Firma aus Gelsenkirchen 2007 die Stützwand errichtet, eine andere fertigte die Betonplatte an - beide Unternehmen seien inzwischen aber insolvent. Ob eine der beiden Firmen auch die mangelhafte Befestigung veranlasste oder dafür zum Beispiel ein Subunternehmen engagiert wurde, war zunächst unklar geblieben.

In den Monaten nach dem Unfall waren die Schallschutzwände an der Autobahn jeweils mit zwei Stahlhaken versehen und dadurch neu gesichert worden.