Wie gelingt auch im Profisport eine gesunde Balance zwischen Leistung und Freizeit? Wie im Management? Zwei Powerfrauen standen dazu am Donnerstag Rede und Antwort: Ex-Volleyballerin Kim Renkema und AOK-Chefin Gordana Marsic.

 

Kreis Böblingen - Im Beruf Höchstleistung bringen und sich dabei auch gut um sich selbst und die Familie kümmern? Wie das gelingen kann, sagten am Donnerstag die Ex-Volleyballerin Kim Renkema vom Team Allianz MTV Stuttgart und die AOK-Geschäftsführerin Gordana Marsic im Live-Talk mit der Kreiszeitung. Die Gesprächsrunde ist Teil der Serie „Hürden gesund meistern“ in Kooperation mit der AOK Stuttgart-Böblingen. Am Donnerstag stand vor allem die viel beschworene Work-Life-Balance im Vordergrund, die gerade für Familienmütter und -väter in Führungspositionen oft schwierig zu halten ist.

„Da muss man ehrlich sein: Man kann nicht allem gerecht werden“, sagte AOK-Chefin Gordana Marsic auf die Frage, wie sie vor allem in Corona-Zeiten Job und Familie vereint habe. Die 38-Jährige führt gemeinsam mit Sven Busch die AOK Stuttgart-Böblingen als größte Krankenversicherung der Region. Die gebürtige Stuttgarterin hat zwei Kinder im Vorschulalter und denkt nur ungern an die erste Corona-Zeit zurück: „Offen gesagt, waren die ersten Wochen in der Pandemie katastrophal: Nebenbei Kinder zu betreuen und auf der anderen Seite im Beruf 100 Prozent zu geben.“ Da seien Management-Qualitäten nicht nur im Beruf, sondern vor allem im Familienleben gefragt. Marsic: „Wichtig ist, Nein sagen zu können. Die Schwierigkeit liegt eher darin, wem sagt man ab?“

Hohe Belastung im Profisport

Nein zu sagen gehe im Profisport natürlich kaum: Bei einem eng getakteten Trainings- und Spielplan bleibe wenig Zeit fürs Private, sagt Kim Renkema. Als Spielerin bei Allianz MTV Stuttgart wurde sie 2015 Pokalsiegerin. Die Frauen-Volleyballmannschaft spielt jedes Jahr um die Meisterschaft mit. Seit 2017 führt sie die Truppe als Sportdirektorin, nachdem sie aufgrund einer Verletzung ihre Profikarriere aufgeben musste. „Profi-Sport ist eine Überbelastung“, sagt die 34-Jährige. Zwar gebe es auch im Volleyball nun vermehrt Mental-Trainer, die darauf achten, dass die Sportler sich nicht überstrapazieren. „Doch bei uns gehören auch noch Nationalmannschaften dazu“, sagt die gebürtige Niederländerin. Die Freizeit, die das Team ermögliche, werde dann wieder mit Trainings belegt. In Burn-out zu rutschen, sei daher im ganzen Profisport eine Gefahr.

Eine große Herausforderung sei vor allem der Umstieg von der Position der Spielerin zur Sportdirektorin gewesen. Ehemalige Mannschaftskolleginnen waren auf einmal Untergebene, denen sie etwas zu sagen hatte. Renkema: „Das hat schon ein bisschen gedauert und war nicht nur für mich herausfordernd, sondern auch für die Spielerinnen.“ Dieser Rollenwechsel von der Kollegin zur Vorgesetzten ist auch Gordana Marsic bestens vertraut. Dabei helfe gute Kommunikation immer, um Konflikte offen anzusprechen. Marsic: „Ganz von allein funktioniert es nicht.“ Überhaupt sei die Kommunikation das wichtigste Führungsinstrument. „Ich glaube schon, dass ich sensibler bin bei Themen, feinere Antennen habe und Dinge schneller anspreche“, sagt sie auf die Frage nach ihrem Führungsstil. Während die AOK auf der Führungsebene stolz ist auf 40 Prozent Frauenanteil, herrsche im Profisport noch Nachholbedarf, sagte Renkema. „Das ist noch sehr von Männern dominiert“, sagt sie. In ihrer Heimat, der Niederlande, sei die Gesellschaft da schon weiter. „Dort ist es schon längst normal, dass Frauen in Führungspositionen sind“, sagt sie. Viele Mütter gingen nach drei Monaten wieder zur Arbeit, dank einer guten Betreuungssituation.

Kommunikation als Schlüsselinstrument

Um dort hinzugelangen, wünscht sich Gordana Marsic mehr Positiv-Beispiele. „Wann höre ich denn, dass jemand sagt, das funktioniert wunderbar: Beruf und Familie?“ Es müsse mehr darüber gesprochen werden, wie der Spagat gelingen kann, statt zu viel über Hemmnisse und Nachteile zu diskutieren.

Hürden gesund meistern

Serie
In der Serie „Hürden gesund meistern“ in Kooperation mit der AOK Stuttgart-Böblingen diskutieren prominente Sportler und Persönlichkeiten über ihre Herausforderungen und wie sie sie gemeistert haben.

Fortsetzung
Gäste im neuen Jahr sind der Ex-Boxer Luan Krasniqi und der Ex-Fußballer Uli Borowka.