Sind Frauen die besseren Vorgesetzten? Die Autorin Juliane Gringer hat für ihr Buch "Mein Chef ist eine Frau" weibliche Führungskräfte befragt.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Sie sind immer noch in der Minderzahl, aber sie tun den Betrieben gut. Die Berliner Journalistin Juliane Gringer hat sich mit Chefinnen aus den verschiedensten Branchen unterhalten sowie mit Angestellten, um herauszubekommen, was eine Frau in einer Führungsposition ausmacht. Ihre Bilanz: Chefinnen sind umsichtiger und oft fleißiger als ihre Kollegen, sie sollten aber mehr Wind um ihre Leistungen machen.

 

Frau Gringer, Sie haben für Ihr Buch „Mein Chef ist eine Frau“ weibliche Führungskräfte befragt. War es nicht schwierig, überhaupt welche zu finden?

Nein, das war nicht schwierig. Aber als ich bei der Recherche die Zahlen gelesen habe, ist mir bewusst geworden, dass es wirklich wenig gibt. Aber man findet sie natürlich.

Aber es sind vermutlich spezielle Branchen, in denen Frauen eher in den Führungsetagen vertreten sind?

Die Klassiker sind der Servicebereich, der Kranken- und der pädagogische Bereich. Friseurin ist auch ein ganz typischer Frauenberuf. Aber sie sind letztlich überall. In meinem Buch kommen auch eine Frau aus dem Handwerksbereich vor und eine Autohausbesitzerin.

Reden Chefinnen gern über sich oder ist ihnen das eher lästig, dass das immer noch der Rede wert ist?

Einige möchten nicht über Schubladen reden. Aber ich war beeindruckt, wie gern die Frauen darüber sprechen und wie reflektiert sie sind, wie sie sich mit ihrer Rolle – im Positiven und im Negativen – auseinandersetzen. Sie sind sehr reflektiert und denken sehr weit. Sie denken an ihre Mitarbeiter und deren Situation, sie haben eine extreme Verantwortung. Viele erzählen, dass Familien hinter den Mitarbeitern stehen und dass ihnen ihre Verantwortung sehr bewusst ist.

Empfinden Sie diese Verantwortung als eine Last?

Sie machen ihren Job sehr gerne. Bei den Gesprächen haben sie oft gesprüht vor Begeisterung.

Im klassischen Management gilt es nicht unbedingt als Qualität, wenn man an die Lebenswelt und Bedürfnisse der Mitarbeiter denkt. Ein guter Chef ist doch nicht der, der auf ein krankes Kind einer Mitarbeiterin Rücksicht nimmt, sondern auch mal skrupellos Gewinn maximiert. Können Frauen das genauso?

Sie können das genauso, man kann schließlich niemanden aus Goodwill in der Firma halten. Sie tun sich aber schwerer, weil sie mehr darüber grübeln und mit sich kämpfen. Aber die Entscheidung müssen sie treffen – und das können sie auch. Aber es ist in anderen Bereichen durchaus von Vorteil, wenn man mit den Mitarbeitern mitdenkt. Die sind auf jeden Fall motivierter, wenn man sie gut behandelt.

"Wer zufrieden ist, arbeitet auch besser"

Ist es eigentlich wirklich so, dass Frauen emotionaler sind?

Ja, das wurde auch von den Mitarbeitern immer wieder genannt. Wenn das jedoch in einer Person auf Inkompetenz trifft, ist es natürlich negativ, das ist klar. Aber Emotionen an sich sind ja nichts Schlechtes. Wenn ein Mann hart ist, zeigt er auch Emotionen. Vermeintlich weibliche Eigenschaften sind nicht gefragt, aber Chefinnen heulen ja nicht ständig – und der Mann heult auch, aber halt zu Hause.

Aber zu viele Emotionen gehören doch nicht ins Büro.

Ich finde, wenn Chefs sehr kurz angebunden sind oder ins Cholerische abdriften, sind das auch keine positiven Emotionen, auch wenn sie vielleicht akzeptierter sind.

Wie beurteilen es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn der Chef eine Frau ist?

Die wissen es zu schätzen, sie sagen, dass sie motivierter sind, wenn sie sich wahrgenommen fühlen. Das heißt nicht, dass sie das ausnutzen, sondern es sorgt für eine höhere Zufriedenheit. Wenn Mitarbeiter von der Chefin sogar schwärmen, sind sie zufrieden. Und wer zufrieden ist, arbeitet auch besser.

Gilt das für männliche und weibliche Arbeitnehmer?

Ja, ich habe einige männliche Angestellte gefunden, die sehr zufrieden mit ihrer Chefin sind und die sehr gut damit leben können, dass sie von einer Frau geführt werden. Sie schätzen oft das Organisationstalent, das Frauen haben, dass sie sehr gut organisiert sind und Dinge gebacken kriegen. Gerade in Meetings reden Männer sehr viel. Einer der von mir befragten meinte sogar, dass wenn am Ende etwas dabei rumkommen soll, Frauen in einem Meeting mit drinsitzen müssten.

Sind Chefinnen fleißiger?

Ja. Sie sind superfleißig und schaffen viel weg, aber sind nicht gut darin, mit ihrem Können zu protzen. In einer männlich dominierten Arbeitswelt ist das auch schwierig – und da steckt der Konflikt: Solange das ein nicht ausgeglichenes Verhältnis ist, wird oft nicht gesehen, was Frauen leisten. Männer produzieren sich eher nach außen und reden mehr, als dass sie sich hinsetzen und etwas bis spät in die Nacht hinein etwas ausarbeiten. Das ist ein Problem, dass Frauen an vielen Stellen nicht selbstbewusst sind und sich auch mal hinstellen und sagen: Ich kann das. Die Männer schreien immer zuerst: Hier, ich will das!

Vielleicht wollen Frauen es eben doch nicht?

Doch, sie wollen. Man muss sie aber auch in die Pflicht nehmen. Wenn Frauen studieren und dann zu Hause bleiben, dann ist das einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Quote wäre da auch eine Möglichkeit, den Frauen zu vermitteln: hier ist euer Platz und den müsst ihr ausfüllen. Die Chefinnen, mit denen ich gesprochen habe, waren übrigens alle für die Quote, die Mitarbeiter waren da eher gespalten.