Obdach für Frauen – OFF, aus diesem vor 15 Jahren in Freiburg gegründeten Verein ist der Förderverein Frauen in Not hervorgegangen, der helfend zur Seite steht, wenn eine Frau sich nicht mehr zu helfen weiß.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Sie mussten nicht bei null beginnen: Es gab schon eine Anlaufstelle der Diakonie für Frauen in Wohnungsnot, als resolute Frauen 1998 den Verein „OFF – Obdach Für Frauen“ gründeten. Heute heißt er „Förderverein Frauen in Not“, hat aber immer noch das gleiche Ziel. Er will Frauen helfen, wenn sie keine Wohnung mehr haben oder keine finden oder durch irgendwelche widrigen Umstände in finanzielle Schieflage geraten sind, für die es kein Hilfsangebot der öffentlichen Hand oder anderer Träger gibt. Denn manchmal muss es ganz rasch und unbürokratisch gehen. Da ist ein Verein besser dran als ein Amt, das an Vorschriften gebunden nicht so schnell in die Gänge kommen kann.

 

Scheidung, Arbeitslosigkeit, Unfall, Sucht oder Krankheit – „es geht schneller, als man denkt, dass man plötzlich ganz unten ist“, sagt Elisabeth Armbruster. Sie, Renate Lepach, Renate Ott und Andrea Zipfel sind der Vorstand des Vereins, der um die 100 Mitglieder und ein selbstbewusstes Motto hat: „Spenden Sie uns keinen Trost, sondern trösten Sie uns mit einer Spende.“ Die umtriebigen Frauen gestandenen Alters hatten keine Langeweile. Sie waren berufstätig, familiär und ehrenamtlich bereits anderweitig engagiert.

Barmherzige Mütter sind sie nicht

Barmherzige Mütter oder „Charity-Ladies“ sind sie aber nicht, da schütteln sie heftig die Köpfe. In gutbürgerlichen Kreisen verankert ja, und teils durch ordentlich verdienende Männer abgesichert. „Die müssen aber auch mithelfen“, betont Renate Lepach, „meiner hat eine ganze Pinnwand mit Zetteln von Notrufnummern.“ „Hilfe zur Selbsthilfe“ will der Verein leisten, betont Betriebswirtin Renate Ott. Geld, das der Verein gibt, ist ein Darlehen und muss zurückbezahlt oder abgearbeitet werden. „Das klappt natürlich nicht immer“, raunen die Damen mit Stirnrunzeln – die Problemberge sind oft zu erdrückend.

Eine Professorin der Hochschule für Sozialarbeit gab mit einer Studie den Anstoß, sich stärker um die Wohnungsfrage für Frauen zu kümmern. Diese wurde oft vernachlässigt, weil weibliche Obdachlosigkeit unauffälliger ist. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist auch nach 15 Jahren immer noch die kniffligste Frage, die in einer so beliebten Stadt mit ungebremstem Zuzug und damit nicht Schritt haltendem Wohnungsbau kaum lösbar ist. OFF hat sich darum dazu entschlossen, sich finanziell an Wohnbauprojekten zu beteiligen, wie dem „Mietshäusersyndikat“ oder „Bogenständig Wohnbau eG“, einer Genossenschaft, die gerade ein altes Schulhaus renoviert und zu Wohnungen umbaut.

Im Gegenzug bekommt der Verein Belegrechte für Wohnungen, die er an Frauen in Not vergeben kann. Oft muss das gute Netzwerk helfen, das die Vorstandsfrauen in langen Jahren geknüpft haben. Das reicht hinein bis in städtische Ämter, die Stadtbau, Wohnungsbaugenossenschaften und Beratungsstellen, die Frauen bei unterschiedlichen Problemen helfen – und zu anderen Vereinigungen, die auch mal ein Golfturnier oder einen Weihnachtsbasar für OFF veranstalten. Und Unternehmen und Privatpersonen, die Eintrittserlöse für Vortragsabende oder bare Geburtstagsgeschenke spenden.

Die Armut hat spürbar zugenommen

Das Geld fließt als zinsloser Kredit in Soforthilfe, etwa, um eine Kaution vorzustrecken, einen dummerweise kassierten Strafzettel, eine Zahnarztrechnung oder eine kaputte Brille zu bezahlen oder eine dringend notwendige Fortbildung zu finanzieren. „Eigentlich sind wir die Erfinder der Mikrokredite“, sagt Renate Lepach. „Es sind oft kleine Beträge, die aber große Wirkung haben.“ Oder Hilfen, die unumgänglich sind. So wie bei Beate Klug, die einen kaputten Reißverschluss an ihrer Hose und kein Geld in der Tasche hatte. Mehr zufällig als geplant geriet sie an die Boutique LeSac knapp hinter dem Stadttheater im Keller der Bäckerinnung. Dort konnte sie mit Nadel und Faden ihr dringendes Problem lösen. „Ewig dankbar“ näht sie bis heute Sitzkissen, die OFF als Auftragsarbeit für eine Firma herstellt und damit fast die Miete des Kellers im Hinterhof erwirtschaftet.

Die vor sieben Jahren von dem Verein ins Leben gerufene Boutique LeSac ist nicht nur ein aus allen Nähten platzender Secondhandladen, sondern auch ein wichtiger Treffpunkt zweimal in der Woche für mehr oder weniger arme oder einsame Frauen. Der Andrang ist mittlerweile enorm, denn die Armut hat spürbar zugenommen, vor allem bei älteren Frauen. „Hier kommt alles auf den Tisch“, sagt Elisabeth Armbruster. Gemeint ist damit nicht allein das Gewand.