IdeenwerkBW-Schwerpunkt Präsentieren für Gründer (2): Frauen beim Präsentieren ringen wie die Männer um Geld und Anerkennung. Wie sie dabei Frauen bleiben und dennoch Stärke zeigen.

Stuttgart - Unternehmen sind meist streng hierarchisch organisiert. Chef, Bereichsleiter, Abteilungsleiter. „Das ist evolutionär, salopp gesagt, eine männliche ‚Erfindung‘“, sagt der Kommunikationsberater Stefan Verra. Solche Strukturen ermöglichen schnellere Entscheidungen. „Wenn in der Steinzeit der Feind kam und der Häuptling ‚alle nach links‘ rief, dann liefen eben auch alle nach links.“ Diese Hackordnung signalisieren wir meist nonverbal. So sitzt der Chef am Tischkopf und macht sich gerne breiter als der Rest. Sympathiegewinn ist da erstmal nicht so wichtig. Anders bei Frauen. Da sie körperlich meist unterlegen sind, wirken für sie zuviel Machtgehabe und Raumanspruch kontraproduktiv. „Deswegen keilen sie meist weniger um die Armlehne im Flugzeug,“ sagt Verra.

 

Frauen beim Präsentieren treffen männerdominierte Strukturen

Die Unterschiede muss man im Auge haben. „Wenn heute eine Unternehmerin einen Geldgeber sucht, trifft sie in aller Regel auf Unternehmen, die hierarchisch so aufgebaut sind, wie es Männer in der Evolution praktizierten, und das bedeutet sehr stark hierarchisch organisierte Gebilde.“ Der Vorteil der männlichen Organisation: Entscheidungen passieren schneller. „Wenn in der Steinzeit der Feind kam und der Häuptling ‚alle nach links‘ rief, dann liefen alle nach links. Diese Hackordnung signalisieren wir nonverbal.“

Nun haben Frauen eben die zusätzliche Herausforderung, nicht nur inhaltlich gut zu sein. Sie müssen sich auch in ihrer Erscheinung an die Erfordernisse der Hierarchie anpassen. „Das kann Angela Merkel sehr gut. Sie hat in ihrer Körpersprache eine ausgeprägt hierarchische Symbolik“, beobachtet Verra: „Vielleicht versteht man es besser, wenn man es sich umgekehrt vorstellt: Wenn ein lauter, streng blickender Militärgeneral Sympathien in einer Frauenrunde ernten will, dann wird das auch nix.“

Beim Investoren-Pitch geht es nicht ums Frausein

Zu all dem kommt noch ein menschliches Problem. Von der Pubertät an lernen sich die Geschlechter zu unterscheiden, sagt der Experte für Körpersprache. „Frauen tun dies, indem sie Brust- und Hüftbereich sowie die etwas flexibleren Gelenke in der Körperhaltung betonen.“ Das diene ursprünglich dazu zu dokumentieren: ich will als Frau wahrgenommen werden.

Der Spagat: Wenn eine Frau als Geschäftsführerin eines Startups von einem Investor Geld haben möchte, geht es nicht um das Frausein. Stattdessen muss sie das Gleiche transportieren wie ein Mann, nämlich Stabilität und Agilität. „Gerade Stabilität widerspricht grundsätzlich der asymmetrischen weiblichen Hüfte, die ein wenig ausgestellt ist. Frauen müssen da lernen, eine gute Balance zu finden“, sagt Verra. Es gehe keineswegs darum, die Weiblichkeit aufzugeben und sich zu „vermännlichen, wie manche schreiben. Das ist völliger Blödsinn.“

Als Gegenbeispiel zitiert er Christine Lagarde, die designierte Chefin der Europäischen Zentralbank, deren Habitus er in seinem Buch ‚Leithammel sind auch nur Menschen – Die Körpersprache der Mächtigen‘ unter dem Stichwort ‚Glamouröse Jagdpartnerin‘ analysiert. „Sie wirkt weiblich, lächelt mehr als die meisten Menschen auf ihrer Ebene, der Welt-Elite“, so der Österreicher. „Männlichkeit ist, weniger Mimik zu zeigen. Das macht Lagarde nicht. Aber ihre Haltung verspricht viel Stabilität.“

Frauen beim Präsentieren müssen Körpereinsatz dosieren

Wie aber können Frauen sich durchsetzen, ohne ihre männlichen Kollegen zu kopieren? Das können sie mit entsprechender Körpersprache, meint der 46 Jahre alte Verra, der seit über 20 Jahren Menschen und deren Auftritte studiert. „Männer gehen eher mit Handrücken nach vorn gedreht, bei Frauen zeigt er tendenziell nach hinten. Das führt dazu, dass Frauen beim Gehen mit den Armen weiter nach hinten schwingen.“ Bei wichtigen Präsentationen, so seine Empfehlung, sollten sie darauf achten, mit ihren Daumen ein wenig nach vorn zu kommen. „Sie müssen nicht wie Gorillas daherkommen, aber das zu offene Schwingen der Arme wirkt, mit Verlaub, ein wenig tussihaft und das wiederum sendet in diesem Zusammenhang das falsche Signal, nicht zupacken zu können.“

„Wer die Hüfte zurückzieht, signalisiert: ich ziehe mich aus der Situation zurück.“ Umgekehrt gelte für manche Männer, dass sie ihre Hüfte sehr stark nach vorne schieben. „Wenn sie dann noch breitbeinig beide Hände in die Hosentasche stecken, präsentieren sie ihre Schrittgegend. Das wirkt sehr dominant.“ Sprich: Die goldene Mitte für den Hüfteinsatz wäre ideal. Das wirkt selbstbewusst und stabil.

Augen, Mund und Hände zeigen

Augen, Mund und Hände sollten aber weder Männer noch Frauen verstecken. Dicke Brillenrahmen, die links und rechts die Augen verdecken, sind tabu. Ebenso nervöse Finger vor dem Mund. „Wenn die Gesichtsmimik nur noch eingeschränkt zu erkennen ist, verursacht dies Unsicherheit bei anderen. Evolutionär gesprochen, ist nicht zu erkennen, ob derjenige aggressiv ist.“

Und nicht zuletzt die Hände – sie gehören definitiv nicht hinter den Rücken oder in die Hosentaschen. „Wer meint, als Startupper auf diese Art cool zu wirken, irrt gewaltig. Erstens wirkt dieser Habitus nicht offen und zweitens auch nicht sehr aktiv“,sagt Verra.