Grüne und SPD wollen mit Parteilisten mehr Frauen ins Parlament bringen. Doch auch der jüngste Vorstoß scheiterte. Das liegt nicht nur an der CDU. Die Abgeordneten haben ihre eigenen Vorstellungen.

Stuttgart - In keinem anderen Landtag sitzen so wenig Frauen wie in Baden-Württemberg. Gerade einmal 27 von 138 Abgeordneten sind weiblich. SPD und Grünen haben sich deshalb auf Parteitagen dafür ausgesprochen, im Südwesten ein Zweistimmenwahlrecht einzuführen, wie es auch bei Bundestagswahlen praktiziert wird. Über Parteilisten könnten dann mehr Frauen in den Landtag gelangen.

 

Nicht nur die CDU mauert

Doch die angestrebte Wahlrechtsänderung bleibt chancenlos. Auch der jüngste Vorstoß der Grünen-Fraktion in der mit diesem Thema befassten interfraktionellen Arbeitsgruppe scheiterte. Grünen-Landeschefin Thekla Walker schob hernach die Verantwortung der CDU zu. Sie sagte, wenn es CDU-Landeschef Thomas Strobl mit seinem parteiinternen Programm „Frauen im Fokus“ ernst meine, müsse er sich für ein Listenwahlrecht einsetzen. Frau Walker hält Strobl für unglaubwürdig. Bei der Bundestagswahl habe die CDU bei 38 Wahlkreiskandidaten gerade einmal drei Frauen nominiert. Auch die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) machte aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. SPD und Grünen hätten „die Chance, etwas auf den Weg zu bringen, was 58 Jahre CDU-Politik hinbekommen hat“, sagte die AsF-Landeschefin Anette Sorg.

Im Landtag jedoch mauert keineswegs nur die CDU, auch in der SPD-Fraktion gibt es wenig Neigung, sich auf ein Listenwahlrecht einzulassen. Begründet wird dies mit dem Argument, dass bei nur einer Stimme die Persönlichkeitswahl betont werde, während Listen das Ergebnis der Mehrheitsbildungen von Delegierten auf Parteitagen seien. Im Klartext: Aussichtsreiche Listenplätze sind das Produkt der Absprachen von Parteigruppierungen. Nicht unstatthaft ist auch die Annahme, dass Abgeordnete, die bereits im Landtag sitzen, wenig Eifer für Reformen entwickeln, die ihren Verbleib in denselben womöglich gefährden. Solche Motive soll es auch in der Grünen-Fraktion geben.

Ein Reförmchen wird es wohl geben

Eine Wahlrechtsreform lässt sich schon deshalb bequem aushebeln, weil sich alle vier Fraktionen darauf verständigt hatten, das Wahlrecht nur im Konsens zu ändern. Nur unter dieser Bedingung hatte sich die CDU darauf eingelassen, in der Landesverfassung und in der Gemeindeordnung die Hürden für Volksentscheide und Bürgerbegehren zu senken. Eine kleine Wahlrechtsänderung wird es aber wohl geben. Künftig sollen die Parteien in jenen Wahlkreisen, die in einem gemeinsamen Landkreis liegen, ihre Kandidaten auch in gemeinsamen Versammlungen nominieren können. Das betrifft 35 Wahlkreise. Von dem Simultanverfahren erhofft man sich den psychologischen Effekt, dass die Delegierten zu der Einsicht kommen, ausschließlich Männer zu beklatschen könne ein bisschen langweilig sein. Letztlich liegt es ohnehin in der Hand jeder Partei, wie viele Frauen sie nominiert. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte sich übrigens unlängst bei der Klausur der Landes-CDU in Kloster Schöntal für ein Einstimmenwahlrecht bei Bundestagswahl ausgesprochen.