Teil zwei der Serie „Frauen im Süden“: Katharina Thoms hat sich mit dem Generalstreik in Mössingen beschäftigt und ihren allerersten Dokumentarfilm darüber gedreht – mit Erfolg.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Katharina Thoms arbeitet eigentlich als Journalistin beim SWR. Als sie ein kleines Radio-Feature über den Mössinger Generalstreik gemacht, sei sie sofort fasziniert gewesen, erzählt die 36-jährige, die 2007 in die baden-württembergische Landeshauptstadt zog. Seitdem ist sie im Stuttgarter Süden zu Hause. In Tübingen hat sie Zeitgeschichte und Politikwissenschaften studiert, aber nie vom deutschlandweit einmaligen Mössinger Generalstreik gehört. Einen Tag nach Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler hatten mehrere Mössinger Arbeitervereine zum Generalstreik aufgerufen. Jahrzehntelang war in der schwäbischen Kleinstadt die Aktion verschwiegen und tabuisiert worden. Erst 80 Jahre später, anlässlich des Jahrestages des Generalstreiks am 31. Januar 2013, setzte sich die Stadt damit auseinander.

 

Das Theater Lindenhof im nahegelegenen Melchingen wollte das Stück „Ein Dorf im Widerstand“ auf die Bühne bringen – ein ehrgeiziges Projekt des Regisseurs Phillip Becker, der dafür mit 100 Laienschauspielern arbeitete. „Davon war ich sofort angefixt“, sagt Thoms, die sich zunächst eigentlich am Stück beteiligen wollte. Durch Zufall erfuhr sie, dass die Tochter eines Mitinitiators des Streiks bei dem Theaterstück mitmachen wollte. „Das schreit quasi nach einem Film“, habe sie sich damals gedacht.

Einfach mal machen schadet nie

Erst habe sie alles alleine drehen wollten, erzählt Thoms zwei Jahre später. Filmerfahrung hatte sie bis dato nicht. In ihrem Volontariat beim SWR war sie zwar durchaus auch fürs Fernsehen tätig, einen eigenen Dokumentarfilm hatte sie jedoch noch nie gedreht. „Das habe ich einige Wochen in mir reifen lassen“, gesteht sie. Bis die Erkenntnis kam: „Ich probiere das.“ Glücklicherweise habe sie einen Kameramann gefunden, der „genauso verrückt“ wie sie war und das ganze Projekt mit ihr gestemmt hat. Denn finanzielle Unterstützung hatte Thoms nicht. Rund 6000 Euro hat sie aus eigener Tasche investiert. Die schier unendlich vielen Arbeitstunden, die zu rund 80 Stunden Filmmaterial geführt haben, hat sie nicht mit eingerechnet.

Thoms, selber ein großer Fan von Dokumentarfilmen, hat für ihren Film „Widerstand ist Pflicht“ die Entwicklung des Theaterstücks begleitet. Außerdem hat sie die Tochter gefilmt, während sie mit dem Schauspieler, der ihren Vater Paul spielt, durch Mössingen läuft. Die Tochter erzählt auch die Geschichte nach.

Anfangs sei sie sich selbst nicht sicher gewesen, ob das Theater dieses „Wahnsinns-Unterfangen“ packe. „Die sind mini-kleen“, sagt die gebürtige Berlinerin. Nachdem sie aber schon ein halbes Jahr mitgedreht hatte, war ihr ohnehin klar: wenigstens ihr Film muss was werden.

Bis nach Berlin hat es der Film geschafft

Beides ist am Ende geglückt. Das Theaterstück kam pünktlich auf die Bühne. Thoms Film feierte am 31. Januar 2015 Premiere in einem Mössinger Kino. Doch was fängt man letztlich mit einem Film an, der keinen Verleih hat? Thoms schrieb unzählige kommunale Kinobetriebe an und machte auf ihren Film aufmerksam – mit Erfolg. Nicht nur in Tübingen, Reutlingen, Hechingen und Ulm zeigten zahlreiche Lichtspieltheater „Widerstand ist Pflicht“ mehrfach. Im vergangenen Juli konnte Thoms ihr erstes Werk sogar in ihrer Berliner Heimat in einem „rappelvollen“ Saal zeigen, sogar „Spiegel TV“ wurde auf ihr Werk aufmerksam. Dort ist der Film seitdem online zu sehen.

Über den Erfolg freut sich Thoms, doch am Herzen lag ihr vor allem die historische Episode in der schwäbischen Kleinstadt. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass niemand davon wusste“, sagt sie. In die Thematik wolle sie in Zukunft tiefer einsteigen. Durch das „Monsterprojekt“ sei sie zudem auf den Geschmack gekommen. Der Dokumentarfilm sei sicher nicht ihr letzter, meint sie. Aber: „Ich bin froh, dass ich nicht vorher wusste, was auf mich zukommt.“