In einer Serie stellen wir Frauen vor, die sich im Stadtbezirk besonders engagieren. Heute: Carola Hägele.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Knapp ausgedrückt, lässt sich Carola Hägeles Beruf in zwei Worten auf den Punkt bringen: Menschen zusammenbringen. Dabei spielt es keine Rolle, welche Menschen. „Egal, ob jung oder alt, ob mit Behinderung oder ohne, egal welche Nationalität“, sagt Hägele. Seit knapp elf Jahren leitet die 49-Jährige das Gebrüder-Schmid-Zentrum im Generationenhaus Heslach, in dem auch ein Familien- und ein Pflegezentrum sowie das Café Nachbarschafft untergebracht sind.

 

Heute gehen dort jede Woche Hunderte von Menschen aus dem Stadtbezirk ein und aus, mehr als 70 Initiativen und Vereine aus aller Welt sind dort beheimatet, rund 4200 Veranstaltungen finden jährlich im Haus statt.

Neue Willkommenskultur im Generationenhaus

Als Hägele im Jahr 2005 anfing, gab es kein Café und nur sieben Vereine. „Und dann war da ich mit meinen Ideen“, erzählt sie. Der Eingang des Generationenhauses sei ein dunkler Raum mit einer nicht besetzten Pforte gewesen. „Zugig, dunkel und nicht sehr einladend war das“, ergänzt Hägele. Das entsprach absolut nicht den Vorstellungen der studierten Philosophin und Kulturmanagerin von einem offenen und einladenden Haus.

Drei Jahre später konnte sie ihre Vorstellung von willkommen Fühlen dann verwirklichen. Das Café Nachbarschafft eröffnete im Jahr 2008 und brachte Bürger und Bewohner zusammen. Betrieben wird es auch heute fast nur von Ehrenamtlichen. „Nachbarn, die schaffen“, erklärt die 49-Jährige den Grund für das doppelte f. Viele engagieren sich von Beginn an. Carola Hägeles Aufgaben lassen sich deshalb noch etwas konkretisieren: Sie gibt Menschen eine Heimat. Das tut sie nicht nur unten im Café, sondern im ganzen Haus. Ihr Netzwerk pflegt sie sogar im ganzen Stadtteil. Sorgt dafür, dass die verschiedenen Einrichtungen wie das Generationenhaus und das Alte Feuerwehrhaus zusammenarbeiten. Auf die zukünftige Kooperation mit dem neuen Jugendhaus und der Stadtteilbücherei freue sich sie sich jetzt schon.

Sie strahle eine ganz große Wärme aus, sagt ihre Kollegin Tina Syring über Carola Hägele. Ein Grund, warum Hilfesuchende bei ihr Schlange stehen. Hägele ist deshalb ein bisschen so etwas wie die Hauspsychologin des Stadtteils. „Sie vermittelt eigentlich jedem das Gefühl, dass sie helfen kann“, fährt Syring fort. Und Hägele hilft tatsächlich gerne. „Die Arbeit mit den Menschen hier gibt mir viel. Das ist immer eine Win-win-Situation“, sagt die 50-Jährige selbst. Dennoch: manchmal kommt die engagierte und stets gut gelaunte Leiterin des Gebrüder-Schmid-Zentrums selbst an ihre Grenzen, manchmal sogar an ihre gesundheitlichen.

Anlaufstelle für Menschen am Rande der Gesellschaft

Denn die Menschen, die ihre Hilfe suchen, haben meistens keine Alltagsproblemchen. Arme, Kranke, Flüchtlinge, Obdachlose und Einsame machen den Großteil der Besucher des Generationenhauses aus. „Die meisten haben sehr mit ihrer eigenen Geschichte zu kämpfen, viele mit allen Formen von Missbrauch“, sagt Hägele.

Warum sie das alles dennoch tut? Weil sie es kann. Viel Demut und Dankbarkeit für ihre eigene Lebensgeschichte geben ihr die Kraft, die sie täglich für ihre Arbeit braucht. „Ich bin privilegiert aufgewachsen, sehr behütet von meiner Familie“, sagt die Wahl-Stuttgarterin. „Ich konnte den Weg gehen, den ich gegangen bin. Viele haben jedoch diese Wahl nicht.“ Und für genau die Fälle, in denen sie selbst auch nicht weiterhelfen kann, hat sie inzwischen eine, zumindest kleine, Lösung gefunden. Dienstags hat sie eine offene Beratungsstunde im Generationenhaus eingerichtet. Fachkollegen vom Sozialamt, vom Jobcenter oder der Wohnungsvermittlung helfen dann weiter. Hägele sieht sich und ihr vierköpfiges Team nur noch als „Rahmengeber“. Sie bringen Menschen zusammen, geben Starthilfe, vermitteln Möglichkeiten zum Engagement. „Danach ist es schön zu beobachten, wie sie sich alle selbst helfen und es von alleine funktioniert.“

Ihre Begeisterung für die Arbeit in einem Mehrgenerationenhaus hat Hägele über ehrenamtliches Engagement entwickelt. Nach der Geburt ihrer Tochter war sie häufig im Eltern-Kind-Zentrum (EkiZ) im Westen engagiert. „Die Begeisterung der Mütter dort hat mich fasziniert“, sagt sie. Schon bald wurde sie dort Honorarkraft, dann Angestellte und schließlich Leiterin des Zentrums im Süden.

Die Flüchtlinge sind eine neue Herausforderung

Auch als „Rahmengeber“, oder „Mädchen für alles“, wie sich Hägele bezeichnet, wird es ihr künftig nicht langweilig werden. Seit Oktober findet jeden Abend im Café Nachbarschafft ein Flüchtlingscafé statt. Da müssen Hägele und ihr Team Menschen nicht nur zusammenbringen, sondern auch integrieren. Auch das sieht Hägele aber mehr als Bereicherung, denn als Problem. Und deshalb wird es ihr auch da gelingen, jedem Flüchtling ein Gefühl von Heimat zu geben, in ihrem Generationenhaus.