Die Union lehnt einen rot-grünen Vorstoß im Bundestag ab, will aber nach der Wahl bei der Quote Nägel mit Köpfen zu machen. Die FDP sagt: nicht mit uns.
Berlin - Es gab Momente während dieser hitzigen Bundestagsdebatte über die Frauenquote, da drängte sich dem Betrachter der Eindruck auf, die Wachsformer Madame Tussauds seien am Werk gewesen. Reglos saß Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in diesen Minuten da, links außen auf der Regierungsbank, aufrecht, starr. Und nur ihr hektischer Lidschlag ließ ahnen, wie sehr sie innerlich in Bewegung geriet. Ganz rechts die Kanzlerin, gut gelaunt, sie scherzte mit vielen, vor allem mit Familienministerin Kristina Schröder, nicht aber mit von der Leyen, Schröders Rivalin im Streit über die Quote. Mehr Distanz geht bei Merkel nicht.
Rot-Grün hatte die Frauen der Koalition in Versuchung geführt. Über Monate hatte zuvor ein überparteilicher Zusammenschluss an einem Frauenquotenmodell für Aufsichtsräte gebastelt, auch Unionsfrauen waren dabei. SPD und Grüne trieben im Bundesrat das Projekt voran, auf dessen Initiative hin lag den Abgeordneten des Bundestags nun ein Gesetzentwurf zur Abstimmung vor. Er sah vor, dass von 2018 an 20 Prozent aller Posten in Aufsichtsräten mit Frauen besetzt sein müssen. Fünf Jahre später hätten es 40 Prozent sein müssen. Mehrere Unionsfrauen, darunter auch von der Leyen, hatten erwogen, dem zuzustimmen. Aber dann hatte die Unionsführung um Kanzlerin Angela Merkel den Druck erhöht und die Widerspenstigen mit einem Zugeständnis auf Linie gebracht.
Die Union will jetzt der Wirtschaft bis 2020 Zeit geben, einen Frauenanteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten zu erreichen. Geschieht das nicht, komme die Quote, versprach Fraktionschef Volker Kauder. Schon zu Beginn der nächsten Wahlperiode werde man ein entsprechendes Gesetz verabschieden. Einen Antrag der Grünen, der eben diesen Unions-Kompromiss zur Abstimmung stellte, lehnte die Union trotzdem ab – was nicht verwunderte. Denn stimmt ein Koalitionspartner gegen den anderen mit der Opposition, gilt das als Ende eines Regierungsbündnisses. Das wollte bei Schwarz-Gelb keiner riskieren.
Steinmeier spricht von „Volksverdummung“
Die FDP machte indes klar, dass Kauder keine Chance haben wird, sein Versprechen bei einer Neuauflage von Schwarz-Gelb nach der Bundestagswahl zu halten. Nicole Bracht-Bendt positionierte die FDP als einzige Partei, die sich ohne wenn und aber gegen eine Frauenquote auszuspreche. „Wir werden Unternehmen nicht unter Androhung von Strafe zu einer Quote verdonnern“, sagte Bracht-Bendt.
Well dies so ist, warfen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und andere Redner der Opposition der Union Heuchelei vor. Die CDU-Frauen würden ruhig gestellt mit einer Zusage, die mit der FDP nie kommen werde. Steinmeier sprach von „Volksverdummung“.
Von der Leyen zog es vor zu schweigen. Für die Regierung sprach Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Aber leicht war dieser Gang auch für Schröder nicht, weil die Unionsführung sich mit dem Kompromiss im Grunde auch von Schröders „Flexi-Quoten-Modell“ verabschiedet hat. Dieses sieht eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen vor. Schröder redete deshalb nicht über sich, sondern lieber über Rot-Grün. Da der Fußballverein Borussia Dortmund ein börsennotiertes Unternehmen sei und Peer Steinbrück dort mit fünf anderen Männern im Aufsichtsrat sitze, möge der Kanzlerkandidat sich doch mal die Frage stellen, ob er denn bereit wäre, für eine Frau seinen Platz zu räumen. Das kam gut an auf der Regierungsbank. Und ersparte Schröder die schwierige Antwort auf die Frage, was denn nun aus ihrer Flexi-Quote werden soll.