Zwölf Stadträtinnen gibt es in Ludwigsburg. Was motiviert sie, was trägt sie? Heute: Margit Liepins. Die Neckarweihingerin sitzt seit 23 Jahren im Gemeinderat und ist eigentlich schon immer Sozialdemokratin.

Ludwigsburg - Die SPD ist die einzige Fraktion im Ludwigsburger Gemeinderat mit einer Doppelspitze. Könnte man jedenfalls meinen, denn nach außen wirken der Vorsitzende und seine Stellvertreterin oft gleich stark – auch wenn sie nicht immer am gleichen Strang ziehen. Sie agieren wie ein gut eingespieltes Team, in dem der eine mehr die Perspektive der Gesamtstadt und die andere die der Teilorte einnimmt. Beide sind schon lange im Gremium und noch länger Sozialdemokraten. Im Fall von Margit Liepins ist das eine Art Familienerbe: Schon der Urgroßvater war SPD-Gemeinderat, und zumindest die grundsätzliche Haltung wurde immer weiter tradiert.

 

Doch ihre feste Verankerung in der Sozialdemokratie hat Margit Liepins nicht davor bewahren können, dass ihr die Genossen bei den letzten Kommunalwahlen einen Denkzettel verpasst haben. Denn stärker als das Parteiendenken ist für viele ihr ganz spezieller Lokalpatriotismus: Die 1956 in Neckarweihingen geborene und 1990 über den Stadtteilausschuss (seit 1986) in den Gemeinderat gelangte Mandatsträgerin hatte es gewagt, kurz vor 2009 ein neues Haus zu beziehen, das eben nicht in Neckarweihingen, sondern im benachbarten Poppenweiler stand. Nun könnte man sagen, das ist alles immer noch Ludwigsburg, doch weit gefehlt: Die private Entscheidung kostete sie Stimmen. Die einen nahmen ihr den Wegzug übel, die anderen behandelten Liepins als Fremde, die man erst mal ganz genau beäugen muss.

Ein Kompromiss, der noch immer ärgert

„Eckart Bohn hatte mich gewarnt“, sagt sie. „Er hat gesagt, vor einer Wahl zieht man nicht um.“ Dabei hatte sie immer davon geträumt, mit ihrem Mann und den zwei Kindern einmal wirklich weit wegzuziehen. Nach England oder in die USA zum Beispiel. Die Firma Daimler schickte ihren Mann zwar wirklich oft auf Auslandseinsätze, aber es waren immer die falschen: „In die Emirate oder nach Skandinavien, aber da wollte ich nicht hin“, sagt Liepins.

Als Eckpunkte ihrer Arbeit im Gemeinderat betrachtet sie die Konversion der Kasernen und den Umbau der Wilhelmstraße: „Der Kompromiss, den wir gefunden haben, ärgert mich bis heute“, sagt sie. „Ich hätte sie auf jeden Fall schmaler gebaut.“ Sie erinnert sich aber auch an viele Debatten, die in ihrem Sinn ausgegangen sind. Etwa der Bau der Rathaustiefgarage: „Ich bin stolz darauf, dass ich da nicht klein beigegeben habe.“ Wenn sich Liepins einer Sache annimmt, wird sie ihr zur Herzenssache. Insgesamt habe sich die Stadt positiv entwickelt. „Nicht ganz so, wie ich möchte, aber ich war gern daran beteiligt.“

In die Politik kam sie, als sie gemeinsam mit anderen Eltern einen Zebrastreifen in Neckarweihingen erkämpft hat. Und das mit so viel Einsatz, dass die etablierten Räte hellhörig wurden. In der Fraktion habe sie sich niemals als Frau benachteiligt gefühlt, sagt Liepins. „Allerdings gab es damals im Ältestenrat nur Männer der alten Schule.“ Wer sich also wie sie als junge Mutter politisch engagiert hat, „wurde als Alternative abgehakt“. Das hat genervt.

Frauen in der Politik ja, aber kein Frauenklüngel

Mehr Frauen in der Politik, das könnte sich die SPD-Rätin gut vorstellen. Was sie aber verabscheut, sind Frauenklüngel. „Das Getue à la: wir sind Frauen, wir müssen zusammenhalten, hat mich immer ein bisschen gestört. Ich will mit anderen nicht als Frauenfraktion agieren, ich will sachorientiert arbeiten“, sagt sie. Trotzdem gab es Wendepunkte, die nur in der Frauenrolle begründet sind: Margit Liepins’ großer Wunsch war es, Medizin zu studieren. Dass daraus nichts wurde, hatte mit verschiedenen Schicksalsschlägen in der Familie zu tun. Sie musste zurückstecken. Schließlich hat sie sich an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg eingeschrieben. Als im Jahr 1979 ihr erstes Kind zur Welt kam, hat sie das Studium abgebrochen – und trotz mehrerer Anläufe auch nach der Kinderpause nicht abgeschlossen.

Inzwischen ist die Kommunalpolitik zu ihrer Sache geworden. Sie hat sich wichtige Positionen im Gemeinderat und im Kreistag erkämpft. Dennoch weiß Liepins nicht, ob sie weitermachen kann. Seit geraumer Zeit pflegt sie ihren kranken Mann. Noch so ein Wendepunkt, der sie in eine Rolle presst, die sie im Grunde ablehnt.