Wer Personal für Toppositionen sucht, beauftragt oft Headhunter. Die haben es schwer, weibliche Kandidaten aufzuspüren.

Stuttgart - Die Debatte über Frauen in Führungspositionen in Deutschland wird seit Jahren geführt. In Vorständen, Aufsichtsräten und Chefetagen ist die Lage nahezu unverändert: kaum Frauen in Sicht. Wer gutes Personal für Toppositionen sucht, beauftragt oft Headhunter. Die haben es meist schwer, geeignete weibliche Kandidaten aufzuspüren. „Das liegt zum einen daran, dass es in unserem Bereich Maschinenbau kaum Frauen gibt“, sagt Christina Bacher von der Delphi Personalberatung in Leonberg. Von 100 potenziellen Kandidaten sind gerade einmal drei weiblich. Hat man eine Frau mit der entsprechenden Qualifikation gefunden, ist es oft schwer, sie von der Attraktivität der neuen Stelle zu überzeugen. „Frauen sind sehr treue, loyale Arbeitnehmer“, sagt Bacher. Oftmals seien sie durch Inhalte geleitet, blieben gern in einer Firma, wo das Betriebsklima stimme. Männer hingegen seien anders motiviert, stellt Bacher fest: „Sie sind meist finanziell getrieben, zocken gerne bei neuen Gehaltsverhandlungen – und testen ihren Marktwert.“

 

„Oft sind die Kinder, die Familie der Knackpunkt“

Ulrike Epple von der Personalberatung Martin & Partner in Esslingen nennt noch einen weiteren Grund, warum Frauen häufig bei einem Jobwechsel in eine Topetage zögerlich reagieren: „Oft sind die Kinder, ist die Familie der Knackpunkt.“ Ihrer Ansicht nach ist die Arbeitswelt immer noch nicht flexibel genug. „Muss die Frau auf eine mehrtägige Dienstreise und wird das Kind krank, bleibt es der privaten Initiative der Mutter überlassen, wie sie das Problem löst.“ Viele Frauen seien dazu nicht bereit, ein Leben im Dienste der Karriere zu führen. „Es gibt nur wenige Frauen, die das wirklich wollen“, so Epple. Und wenn ja, dann muss beides, Beruf und Familie, bestens durchorganisiert sein.

Auch Berend Haber weiß aus Erfahrung, wie knifflig es sein kann, eine exzellente Stelle mit einer Frau zu besetzen. Haber ist Geschäftsführer der Münchner Personalberatung 3C, klopft für seine Kunden die Bereiche Finanzindustrie, IT- und Dienstleistung sowie Medien- und Gesundheitswesen ab. „Da gibt es auch Frauen, die infrage kämen, aber nur zu einem sehr geringen Anteil“, sagt Haber. Blickt man in die Hörsäle, findet sich eine Erklärung dafür: Frauen, so der Experte, studieren häufig klassische Fächer wie Medizin, Pädagogik und Jura. In den gefragten Bereichen wie Maschinenbau und IT sind sie nach wie vor unterrepräsentiert.

Gerade der Mittelstand pflegt alte Vorbehalte

Selbst wenn es immer noch zu wenige Frauen gibt, die an die Spitze eines Unternehmens drängen: ob auf der anderen Seite Firmen wirklich bemüht sind, das zu ändern, steht auf einem anderen Blatt. Viele schmücken sich mit neuen Leitlinien zur Förderung der Frauen. „Ob das im Alltag auch so gelebt wird, da habe ich meine Zweifel“, meint Christina Bacher von Delphi. Ihrer Beobachtung nach pflegt gerade der Mittelstand alte Vorbehalte: So werden Frauen mit Anfang dreißig nicht eingestellt, weil die Familienplanung vielleicht noch nicht abgeschlossen ist. Und mancher Kunde, so Ulrike Epple von Martin & Partner, gibt ihr ganz unmissverständlich zu verstehen, dass ein Mann für die Führungsposition gesucht wird: „Sie verstehen das sicher als Frau, hier in diesem Betrieb geht es rau zu“, heißt es dann.

Konzerne wünschen sich mehr Frauen in Top-Positionen

Ein anderer Zeitgeist weht offenbar in vielen Chefetagen der großen Konzerne. Gloria Schade, Personalberaterin bei Heidrick & Struggles in Düsseldorf, betreut internationale Unternehmen ab einer Milliarde Euro Umsatz. Nahezu jedes Suchmandat, das bei ihr eingeht, ist mit dem ausdrücklichen Wunsch versehen, auch gern eine Frau für den jeweiligen Führungsposten in Betracht zu ziehen.

„Große Firmen sind für viele Frauen als Arbeitgeber meist attraktiver“, sagt Schade. „Sie bieten moderne Strukturen, Familie und Karriere sind besser unter einen Hut zu bringen.“ Aber auch Schade kennt Frauen, die sich immer noch vor die Wahl gestellt sehen: Karriere oder Kind? Chefsein ist kein Halbtagsjob. Wenn Frauen auf die Kommandobrücke wollen, müssen sie sich oft entscheiden. „Das“, so Schade, „ist leider immer noch so.“