In der Fußball-Bundesliga der Frauen will man die Lehren aus der missglückten WM ziehen und mit professionelleren Strukturen den personellen Aderlass aufhalten.

Frankfurt - Gewöhnlich ist die Gaststätte im Stadion am Brentanobad in Frankfurt-Rödelheim eine beliebte, weil heimelige Begegnungsstätte im deutschen Frauenfußball. Bei Heimspielen des 1. FFC Frankfurt als VIP-Areal, Treffpunkt und Pressekonferenzraum vollkommen ausreichend. Doch zur Eröffnung der 30. Saison der Frauen-Bundesliga gegen Turbine Potsdam am Freitag (18.30 Uhr) ist so viel Prominenz geladen, dass die Ehrengäste ein eigenes Zelt benötigen. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat sich angekündigt.

 

Eurosport überträgt live

Premiere gibt an jenem Abend auch der Sender Eurosport, der seine Freitagsspiele bei den Männern abgetreten hat, nun aber an jenem Tag dafür etwas früher Frauenfußball zeigt. Die Kooperation bringt den zwölf Frauen-Bundesligisten keine zusätzlichen Einnahmen. Aber darum geht es auch nicht, denn eine Erkenntnis der eher unbefriedigenden WM aus deutscher Sicht sei gewesen, so die zuständige DFB-Direktorin Heike Ullrich, „dass wir die Wahrnehmung des Frauenfußballs erhöhen wollen“.

Lesen Sie hier: WM-Analyse – was der deutsche Frauenfußball verändern muss

Insofern wertete die langjährige Funktionärin („ich begleite diese Liga seit 24 Jahren“) es als weiteren Erfolg, dass die ARD-„Sportschau“ fest entschlossen ist, am Samstagabend im Vorlauf ab 18 Uhr auch aus der Frauen-Bundesliga in der Zusammenfassung von einem Topspiel zu berichten. Und am Sonntag kommt dann noch der Streamingdienst Magenta Sport mit Liveübertragungen zum Zuge.

Mehr Reichweite und Aufmerksamkeit

Damit ist ein Paket geschnürt, das mehr Reichweite und Aufmerksamkeit generieren soll. FFC-Manager Siegfried Dietrich sieht die Liga wieder „auf einem Weg nach vorne, nachdem alles lange vor sich hingeplätschert ist“. Man wolle „aus der Senke herauskommen – was die Nationalmannschaften und die Bundesliga angeht“. Der 62-Jährige ist sich sicher, dass die Liga „in ihrer Kompaktheit und Breite immer noch die stärkste in Europa ist – bei aller Gewalt in England“. Dietrich steigt offiziell zum stärksten Mann der Frauen-Bundesliga auf. Der designierte Generalbevollmächtigte für den Frauenfußball der Eintracht Frankfurt Fußball AG – die kommende Saison das Spielrecht des siebenmaligen Meister 1. FFC Frankfurt übernimmt – soll am 27. September beim DFB-Bundestag zum Vorsitzenden des Ausschusses Frauen-Bundesliga gekürt werden. Dietrich weiß, dass schöne Worte allein nicht helfen, sondern mehr Taten gefragt sind, um den Bedeutungsverlust des Frauenfußballs in Deutschland ohne ein großes Turnier die kommenden zwei Jahre zu bekämpfen.

Lesen Sie hier: Nilla Fischer – das ist die Vorkämpferin gegen Homophobie

Als „Schritt in die richtige Richtung“ sieht die an der Schulter verletzte Nationaltorhüterin Almuth Schult den nun wegen der TV-Präsenz in drei Teile zersplitterten Spieltag. Die wachrüttelnde Wortführerin vom VfL Wolfsburg will verhindern, dass der Aderlass von guten Spielerinnen fortschreitet. Anstrengungen bei der Infrastruktur seien nötig und auch mehr Ernsthaftigkeit gefragt. Tim Schumacher, der für den Frauenfußball zuständige Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, warnte kürzlich: „Noch ist die Bundesliga in der Breite die beste Liga der Welt, aber andere Ligen, vor allem England, werden für die Spielerinnen aus finanziellen Gründen immer interessanter. Die Bundesliga muss professioneller werden.“

Technische Probleme beim Live-Stream

Aber auch der Verband. Das Pilotprojekt mit Übertragungen aus der 2. Frauen-Bundesliga begann am vergangenen Wochenende auf der Plattform des Partners Soccerwatch.tv mit einem Desaster. Vom Eröffnungsspiel 1. FC Saarbrücken gegen Werder Bremen war zeitweise nur die linke Platzhälfte zu sehen, von anderen Schauplätzen platzten die Übertragungen wegen technischer Probleme. Das Essener Start-up-Unternehmen schien überfordert. Dabei hieß es auf deren Homepage: „Ab dem 10. August. Eine Liga! Alle Spiele live!“ Ein entrüsteter User schrieb bei Twitter: „Der Frauenfußball wird doch willentlich sabotiert und klein gehalten. Unfassbar peinlich.“

Lesen Sie hier: „Der VfB wäre für den Frauenfußball eine große Chance“

Das galt gewiss für die erste PR-Kampagne zum Start der Frauen-Bundesliga. In Anlehnung an eine Vermisstenanzeige war in den sozialen Netzwerken ein Teamfoto in Schwarz-Weiß-Optik und dem Hinweis „Seit dem 29. Juni nicht mehr gesehen. Bitte teilen“ veröffentlicht worden. An dem Datum war die DFB-Auswahl in Frankreich ausgeschieden, aber auch die Schweizer Nationalspielerin Florijana Ismaili nach einem Badeunfall für vermisst erklärt und später tot aufgefunden worden. „Es lag uns natürlich fern, Gefühle zu verletzten“, sagte Ullrich kleinlaut: „Es tut uns sehr leid.“ Wer hausintern diesen Rohrkrepierer zu verantworten hatte, wollte der Verband am Montag nicht mitteilen.