Anfang Januar will die Bundesregierung die Frauenquote in Vorständen gesetzlich festzurren. Für Volksbanken und Kreissparkassen gilt sie in der Regel nicht. Dabei wäre hier einiges zu tun, wie Zahlen von den Fildern, aber auch bundesweit zeigen.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder/Esslingen - Sie ist ein glänzendes und gleichzeitig einsames Beispiel. Mit einem Stellenumfang von 70 Prozent ist die Bereichsleiterin für die Kreissparkasse (KSK) Esslingen-Nürtingen im Einsatz. Damit ist sie eine doppelte Ausnahme: weil Teilzeit-Führungskraft und weil weiblich. Dabei beschäftigt die KSK Esslingen-Nürtingen mehrheitlich Frauen. Sie machen von den insgesamt 1337 Mitarbeitern 63 Prozent aus. Doch wenn man nach oben in die Führungsetagen schaut, wird der Flaschenhals offensichtlich eng. Von den 132 Führungskräften sind lediglich 14,4 Prozent weiblich. Unter den drei Vorständen sogar: null Prozent Frauen.

 

Weibliche Vorstände sucht man vergeblich

Die KSK Esslingen-Nürtingen mit ihren 94 Filialen – unter anderem auch in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen – bildet keine Ausnahme bei der ungleichen Geschlechterverteilung in der Führungsriege. Bundesweit spiegeln die Zahlen ein ähnliches Bild wider. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung sind bei Sparkassen 63 Prozent der Mitarbeiter weiblich, doch nur 53 von 919 Vorständen sind Vorständinnen, das entspricht 5,8 Prozent. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken sind 57 Prozent aller Mitarbeiter Frauen, doch nur 4,4 Prozent gehören zum Vorstand. Das bedeutet unter anderem: Wohin die Reise für die mehrheitlichen Mitarbeiterinnen geht, bestimmen männliche Chefs.

Die Frauenquote für Vorstände soll hier mehr Diversität schaffen. Börsennotierte Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsposten müssen dann künftig mindestens eine Frau berufen. Der Gesetzentwurf soll Anfang Januar im Bundeskabinett verabschiedet werden. Für Unternehmen mit weniger Vorständen greift die dann verbindliche Quote nicht.

Weibliche Vorstände sucht man bei der Volksbank Filder ebenfalls vergebens. Immerhin ein Drittel weiblicher Führungskräfte kann sie vorweisen. Die Volksbank Filder hat insgesamt 131 Mitarbeiter. Im Vergleich dazu wirkt die Echterdinger Bank wie ein Familienbetrieb: Sie hat 16 Mitarbeiter – zehn Männer, fünf Frauen und eine Auszubildende. Die Vorstände? Zwei Männer. Auch in der Vergangenheit sei das nie anders gewesen, erzählt Dietmar Schmid, einer der aktuellen Vorstände und Geschäftsführer der Echterdinger Bank. „Wir sind vermutlich einfach eine eher konservative Branche“, versucht er sich in einer Erklärung.

Die Vorstandsstellen würden normal ausgeschrieben, bewerben könnten sich Frauen wie Männer, sagt Dietmar Schmid. Auswählt würden sie vom Aufsichtsrat, einem Gremium mit sechs Mitgliedern der Genossenschaftsbank. Auch hier: nur Männer. Dass hier eine Unwucht bei der Geschlechterverteilung ins Auge sticht, bestätigt Dietmar Schmid unumwunden. Er habe aber nicht den Eindruck, dass es Vorbehalte gegen Frauen gebe. Sie würden sich schlicht weder um Vorstands- noch Aufsichtsratsposten bewerben. „Es ist für sie vielleicht gar nicht so attraktiv, weil es um eher langweilige Themen geht“, sagt er. Zahlen, Risiken, Simulationen, „vielleicht ist das im Gesamtpaket nicht so ansprechend.“ Warum sich denn aber Männer für die trockene Materie erwärmen können? Die Frage bleibt offen.

Frauen ziehen das Fachliche der Führung vor

Ob es allein die angeblich unattraktiven Zahlen sind? Ulrich Unger, Sprecher der KSK Esslingen-Nürtingen, hat noch eine andere Erklärung für den Männerüberschuss in den Führungsetagen: die Familienarbeit, die viele Frauen seiner Beobachtung nach immer noch einer Karriere vorziehen. So habe die KSK ein Förderprogramm für Talente. Da könne man entscheiden, ob man sich eher in eine Fachkarriere entwickeln wolle oder aber einen Führungsjob anstrebe. Frauen ziehen laut Unger das Fachliche der Führung mehrheitlich vor. Er erklärt sich dies mit dem Vereinbarkeitsproblem. Ganz besonders gelte dies für die Spitze. „So ein Vorstandsposten ist etwas besonders Herausforderndes.“ Würde sich eine Frau – ob mit Familie oder ohne – für eine Vorstands- oder Führungsaufgabe bei der KSK Esslingen-Nürtingen bewerben, würde sie einen Mann aber ausstechen, erklärt er. Gesetzt den Fall, die Bewerber können dieselben Qualifikationen vorweisen. Diese Selbstverpflichtung habe sich die KSK auferlegt, berichtet er. „Wir tun schon die Dinge, die wir tun können.“ Um nicht nur auf die Hoffnung zu bauen, dass sich irgendwann mal eine Bewerberin traut, ihren Hut in den Ring zu werfen.