Bei der Vorstellung der Ideen der Dax-Konzerne muss sich Familienministerin Schröder gegen Ursula von der Leyen behaupten. Mit mäßigem Erfolg.

Berlin - Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte bei der Vorstellung der Frauenförderideen der Dax-Konzerne in der Berliner Telekom-Repräsentanz die leichteste Rolle: nämlich gar keine. Er hatte lieber anderes zu tun. Es hieß, der FDP-Chef sei bei einer Sitzung des Parteipräsidiums unabkömmlich. Keine Zeit, um mit den Personalvorständen der 30 Dax-Konzerne über Frauenförderung in Führungspositionen zu diskutieren.

 

Gut möglich, dass sich Rösler dies schlicht nicht antun wollte. Denn bei der Pressekonferenz hätte er neben drei Kabinettskolleginnen Platz nehmen müssen, die in dieser Frage völlig unterschiedlicher Auffassung sind. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will eine Frauenquote, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will sie, so wie Rösler, nicht. Und Familienministerin Kristina Schröder will irgendwas dazwischen.

Anfang des Jahres, als auch in Reihen der Union der Unmut über die mangelnde Präsenz von Frauen in Führungspositionen lauter wurde, erkannten die Dax-Unternehmen Handlungsbedarf. Zwar war Arbeitsministerin Ursula von der Leyen mit ihrer Forderung nach einer gesetzlichen Quote am Widerstand von Kanzlerin Angela Merkel vorerst gescheitert, gleichwohl versprachen die Konzerne, ein Konzept vorzulegen. Die jetzt präsentierten konzernspezifischen Zielsetzungen gehen allerdings weit auseinander.

Was in den Führungsgremien passieren soll bleibt offen

Begründet wird dies mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Während Bayer, Allianz oder Telekom bis Ende 2015 den Frauenanteil in "Führungspositionen" auf 30 Prozent erhöhen wollen, strebt Daimler 20 Prozent an - bis Ende 2020. Fresenius und Fresenius Medical Care wollen "weiterhin die Qualifikation und nicht das Geschlecht" bei der Stellenbesetzung entscheiden lassen.

Offen bleibt, was in Vorständen und Aufsichtsräten passieren soll. In Rede stehen nur "Führungspositionen", deren hierarchischer Stellenwert nicht definiert ist. BMW-Personalvorstand Harald Krüger sprach dennoch von einer "in Europa einmaligen Initiative". Stellvertretend für die Konzerne versprach er ein transparentes Verfahren und die Bereitschaft, sich einmal im Jahr auszutauschen. Gesetzliche Vorgaben lehnen die Konzerne ab.

So unterschiedlich die Zielsetzungen der Unternehmen, so verschieden die Bewertungen der Ministerinnen. Familienministerin Schröder, qua Amt eigentlich die Herrin des Verfahrens, lobte die Initiative. Die Unternehmen stünden nun in der Pflicht, die Erwartungen einzulösen, die sie geweckt hätten. Sie selbst wolle weiter an ihrem Plan arbeiten, die flexiblen Selbstverpflichtungen im Rahmen einer "Flexi-Quote" gesetzlich verbindlich zu machen. Schröders Vorstellung ist, dass bei Verstößen gegen die selbst auferlegten Ziele Strafgelder zu berappen sind. Derlei Überlegungen existierten aber erst auf Arbeitsebene, hieß es. Dass die halbgaren Pläne am Wochenende lanciert wurden, hatte in Schröders Umfeld große Verärgerung ausgelöst.


Schröder zeigte sich gleichwohl zufrieden. Sie habe schon jetzt mehr erreicht "als alles, was sich in den letzten zehn Jahren zum Thema Frauen in Führungspositionen getan hat", sagte sie. Die Selbstverpflichtung der Konzerne sei der "beste Beweis, dass meine Idee funktioniert". Solche Veränderungen seien nicht möglich, "wenn Sie etwas von außen vorschreiben", so Schröder.

Eben dies will aber Ursula von der Leyen mit einer gesetzlichen Quote. Die Unternehmen hätten "keinerlei Beweis angetreten, dass ein Gesetz überflüssig wäre", schimpfte sie. Von der Leyen sieht sich in Sachen Frauenförderung als Pionierin und düpierte Schröder mit Sätzen wie diesem: "Ich bin da die treibende Kraft, das weiß ich."

Mit den Konzernen ging von der Leyen - anders als Schröder - hart ins Gericht. Es fehle eine klare Ansage, wie es nun weitergehe. So sehr sie die Arbeit der Personalvorstände zu schätzen wisse, so seien diese doch nicht die richtigen Verhandlungspartner. "Wir predigen hier in der falschen Kirche", so die Arbeitsministerin.

Nur 3,7 Prozent der Vorstandsmitglieder sind Frauen

Man müsse mit denen sprechen, "die dann auch die Verantwortung tragen". Weshalb von der Leyen die Konzernspitzen ohne Absprache mit Schröder kurzerhand zu einem weiteren Treffen vorlud. Es müsse dabei dann auch geklärt werden, was in den Vorständen und Aufsichtsräten geschehen soll, so von der Leyen: Nur 3,7 Prozent der Vorstandsmitglieder seien Frauen, das sei "eine unterirdische Zahl", die auch nicht mit dem "Märchen" zu erklären sei, es gebe zu wenig geeignete Kandidatinnen.

Schröder versuchte, sichtlich irritiert, dagegenzuhalten. Aber auch wenn sie ihr Konzept tapfer als "Scharnier der Vernunft" pries, musste sie doch nach der Pressekonferenz beobachten, wie sich die Fernsehteams zunächst auf Ursula von der Leyen stürzten. So, als habe die das Sagen.


Margret Suckale Die 55-Jährige ist seit Mai 2011 Arbeitsdirektorin im BASF-Vorstand. Die Hamburgerin studierte in ihrer Heimatstadt Jura, in den USA machte sie den Master of Business und in der Schweiz den Executive Master of European Business Law. Vor BASF war sie im Vorstand der Bahn.

Christine Hohmann-Dennhardt Die promovierte Juristin ist seit Februar 2011 für Integrität und Recht bei der Daimler AG zuständig. Nach Lehraufträgen an verschiedenen Hochschulen ging sie in die Politik. Die Leipzigerin war hessische Justiz-, dann Wissenschafts-ministerin und später Verfassungsrichterin.

Regine Stachelhaus Die 56-Jährige ist seit Juni 2010 im Eon-Vorstand (Recht und Personal). Zuvor arbeitete sie für Unicef und den Computerhersteller Hewlett-Packard.

Brigitte Ederer Die Österreicherin ist seit Juli 2010 im Siemens-Vorstand und für Personal zuständig. Nach dem Volkswirtschaftsstudium ging sie in die österreichische Politik. Bevor sie 2001 zu Siemens in Österreich kam, war sie Stadträtin für Finanzen in Wien.

Barbara Kux Nach dem Abitur in Zürich ging Kux (57) in die USA. Danach studierte sie an einer Business School nahe Paris. Bevor sie in den Vorstand von Siemens ging, arbeitete sie unter anderem für Nestlé.

Kathrin Menges Bevor die 47-Jährige im Oktober in den Vorstand (Personal) von Henkel kam, studierte sie Erziehungswissenschaften in Potsdam, war Abteilungsdirektorin bei der Bankgesellschaft Berlin AG und arbeitete beim Kosmetikunternehmen Schwarzkopf, das zu Henkel gehört.

Claudia Nemat Die Europachefin der Telekom (seit Oktober) ist Diplomphysikerin und war zuvor bei der Unternehmensberatung McKinsey.

Marion Schick An der Hochschule München lehrte Schick (53) als Professorin unter anderem Personalmanagement. Danach wechselte sie zur Fraunhofer-Gesellschaft. Anschließend war sie Kultusministerin von Baden-Württemberg. Seit Mai ist sie Personalvorstand bei der Telekom.