Mit einem mobilen Labor wollen Stuttgarter Fraunhofer-Forscher Fragmente von Coronaviren in Proben aus Kläranlagen im Großraum Stuttgart herausfiltern. Anderthalb Wochen, bevor die Erkrankten überhaupt Symptome zeigen.

Stuttgart - Viel früher als bei einem individuellen Coronatest könnten künftig über Abwasseranalysen lokale Corona-Hotspots identifiziert werden. Dies ist das Ziel eines mobilen Testlabors, das Forscher des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) derzeit entwickeln. Mit dem Labor auf Rädern sollen aus verschiedenen Kläranlagen im Großraum Stuttgart Proben entnommen werden, um daraus Fragmente von Coronaviren aufzuspüren.

 

Dies könnte einen doppelten Zeitvorteil bringen. Zum einen, so erklärt Guido Kreck, Projektleiter Reinheitstechnologie am IPA, könne man somit „im Abwasser Fragmente von Coronaviren nachweisen, eineinhalb Wochen, bevor die Betroffenen überhaupt Symptome entwickeln und getestet werden können“. Zum anderen, so ergänzt seine Kollegin Sibylle Thude, spare man auch dadurch Zeit, indem man die Proben gleich an Ort und Stelle untersuchen könne und nicht erst verpacken und zu Speziallabors auf die Reise schicken müsse. Sie räumt aber ein, ganz engmaschig lasse sich ein Hotspot nicht zurückverfolgen. Auf einzelne Straßenzüge könne man das Ergebnis nicht zurückführen. „In jedem Klärwerk laufen Abwässer von etwa 10 000 Anwohnern zusammen“, so Kreck.

Das rollende Testlabor muss noch startklar gemacht werden

Diese Art von Analyse haben bereits italienische Forscher bei Abwasserproben aus Mailand und Turin angewendet und dabei herausgefunden, dass das Coronavirus dort schon im Dezember 2019 angekommen war – zwei Monate vor dem ersten bekannten Ausbruch. Mit der Idee, ein mobiles Testlabor zu entwickeln, wollen die Fraunhofer-Forscher schneller zu Ergebnissen kommen. Noch sei der Anhänger mit dem mobilen Labor allerdings nicht startklar und stehe beim IPA. Für diesen Prototyp müsse man erst die Geräte erproben, die Arbeitsabläufe optimieren, Daten sammeln und die Prognose-Werkzeuge weiterentwickeln, so Kreck. Durch KI lerne das System ständig dazu: Je mehr Messungen vorlägen, die sich mit den bekannten Infektionszahlen einer Region vergleichen lassen, desto besser würden auch die Voraussagen.

Ein Starkstromanschluss ist notwendig

Aktuell klemme es allerdings auch noch an banalen Dingen wie Verbrauchsmaterial, etwa Filterspitzen, Engpässe gebe es auch bei Rohstoffen wie Reagenzien für die Analyse, berichtet Thude. Auch sei ein wichtiges Analysegerät kaputt gegangen, ohne dass der Anlalyseprozess nicht aufgesetzt werden kann. Zudem müsse der Hänger noch vom TÜV abgenommen werden, eine Straßenzulassung bekommen und zuvor müsse die Transportsicherung der Gerätschaften geklärt werden. Abgesprochen werden müsse noch mit den Betreibern von Abflussanlagen, wo das Gerät eingesetzt werden könne, auch ein Starkstromanschluss sei notwendig, erläutert die Biologin. Dennoch zeigt sich die Forscherin zuversichtlich: „Ich hoffe, dass wir im November auf die Straße gehen“, sagt Thude. Klar ist auch schon, wohin die Jungfernfahrt des rollenden Labors gehen soll: nach Stuttgart-Büsnau zum Wasserforschungszentrum der Uni Stuttgart.