Die Verkehrsbelastung, der Sanierungsstau, der Umbau des Zentrums – Freiberg steht vor enormen Herausforderungen. Welche Partei nach der Wahl den Ton angeben wird, ist indes völlig offen – es gibt keine Favoriten mehr.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Freiberg - Welche Partei in Freiberg nach der Wahl die stärkste Fraktion stellen wird? Derzeit lässt sich nicht mal eine vage Vermutung anstellen. Während in anderen Kommunen Wahlergebnisse schon mal Monate im Voraus absehbar sind, während anderswo also Favoriten leicht von Underdogs abzugrenzen sind: in Freiberg ist dieses Mal alles anders. Denn die CDU, die mit ihren sechs Sitzen das Schwergewicht im Gemeinderat ist, steht vor einem Generationenwechsel und tritt mit teils ganz frischem Blut zur Wahl an.

 

Das muss nicht schlecht sein, aber es bleibt abzuwarten, ob die Christdemokraten ihre Position mit derart vielen neuen Gesichtern behaupten können – oder ob die anderen Fraktionen profitieren. „Diese Wahl wird spannend wie selten“, hört man von politischen Beobachtern aus der knapp 16 000 Einwohner zählenden Stadt.

Einst wurde in Freiberg viel gestritten, heute ist es ruhiger

Ein bisschen Spannung kann auch nicht schaden, denn um Freiberg ist es auffallend ruhig geworden – aber auch dass muss nicht schlecht sein, ganz im Gegenteil. Wenn früher von Freiberger Verhältnissen die Rede war, hieß das nichts Gutes. Der ehemalige Rathauschef Ralf Maier-Geißer polarisierte, die Stadt und der Gemeinderat teilten sich lange in mindestens zwei Lager, und die Gräben wurden immer tiefer. Für die Medien waren die Auseindersetzungen immer ein gefundenes Fressen, aber für die Stadt war es eine lähmende Zeit. Denn während die Entscheidungsträger sich mit sich selbst beschäftigten, blieben zahlreiche Projekte unbearbeitet.

Seit 2008 ist Dirk Schaible der Bürgermeister. Die Gräben sind zugeschüttet, im Gemeinderat wird zwar noch gestritten, aber nicht heftiger als anderswo auch. Und Probleme gibt es genug, vor allem eines: Freiberg hat in den vergangenen Jahren stetig Schulden abgebaut und will dies auch weiter tun, steht aber vor enormen Investitionen. Zwar wurde bereits ein Großteil der Freiberger Kindergärten saniert, aber die Schulen sind überwiegend in miserablem Zustand. Viel Geld wird auch in den geplanten Umbau des Stadtzentrums fließen, wie viel genau ist noch unklar.

Für das Großprojekt liegen verschiedene Varianten auf dem Tisch. Vorgesehen ist unter anderem, die Oscar-Paret-Schule zu verlegen, um am Marktplatz Raum für zusätzliche Wohnungen und Geschäftsräume zu schaffen. Schaible will, dass der alte Gemeinderat, der sich seit Jahren mit diesem Vorhaben befasst, noch vor der Wahl einen Grundsatzbeschluss fällt und damit Grundzüge der Planung festzurrt. Auch im Bereich des Bahnhofs sind umfassende Umgestaltungen vorgesehen.

Die Stadt ächzt unter der Verkehrsbelastung

Ein Thema, das in Freiberg verlässlich den Puls nach oben treibt, ist die chronische Verkehrsüberlastung, denn die Stadt fühlt sich zunehmend im Stich gelassen. Den Autobahnanschluss, auf den viele gehofft hatten, will das Land nicht. Auch Forderungen nach einer Umfahrung stoßen bislang auf taube Ohren. Das bestehende Lkw-Durchfahrverbot, davon sind viele Freiberger überzeugt, reiche alleine nicht aus. „Ich bin gespannt, wie uns das Land bei unseren Verkehrsproblemen noch helfen will“, sagt Schaible.

Und dann sind da noch diese Gerüchte. Auf der SPD-Liste mit den Kandidaten für den neuen Kreistag ist ein in Freiberg sehr bekannter Name aufgetaucht: Ralf Maier-Geißer, der ehemalige Bürgermeister, der in der Stadt keinesfalls nur Feinde hat, sondern immer noch auch Anhänger. Seit die Genossen die Liste veröffentlicht haben, wird gemunkelt, Maier-Geißer sehe die Kreistagswahl nur als Testlauf für die Freiberger Bürgermeisterwahl im Jahr 2016. Was an diesen Gerüchten dran ist? Auch das ist derzeit kaum vorherzusagen.