Die Universität Freiburg hat 100 Umzugskartons mit 15 000 Tonträgern der Rolling Stones bekommen. Nicht nur das: allerhand Poster, Buttons und sogar Figuren der legendären Band sind darunter.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Noch nie waren die Rolling Stones in Freiburg. Der am nächsten gelegene Spielort für südbadische Fans der dienstältesten Rockband der Welt war früher das St.-Jakob-Stadion „Joggeli“ im schweizerischen Basel. Dafür hat Freiburg jetzt unerwartet einen Schatz von Ton- und Druckdokumenten und allerhand Fan-Artikeln bekommen, der weit und breit einzigartig ist: Die Erben des 2012 verstorbenen Rechtsanwalts Reinhold Karpp haben dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) in Freiburg eine Sammlung von 15 000 Tonträgern überlassen, außerdem Poster, Bücher, Buttons, Anstecknadeln, Figuren, Spielzeug und ein Flipper mit den Bildern der rockenden Steine.

 

130 Konzerte besucht – seit 1964

Auch die Platte der amerikanischen Gruppe Temptations mit dem Titel „Papa was a Rolling Stone“ gehört zu der Sammlung in mehr als 100 Umzugskartons, die Reinhold Karpps Tochter Annette der Uni Freiburg übergab. Sie und ihre beiden Schwestern wurden früher zu einigen, längst aber nicht zu allen der 130 Stones-Konzerte mitgenommen, die der Vater seit 1964 in aller Welt besucht hat. „Sein Hauptinteresse galt immer der Musik der Band und insbesondere den Vinylplatten“, sagt Annette Karpp. Persönlich kennenlernen wollte ihr Vater die Stones nie, das hätte er als aufdringlich empfunden.

Er war kein Autogrammjäger, der Jurist aus Bad Godesberg ist bei aller Begeisterung für die als rebellisch, frech und provokant vermarkteten Widergänger der braven Beatles zeitlebens ein seriöser Bürger und Anwalt geblieben. Gefunkt hat es bei dem 18-jährigen Schüler eines strengen Internats auf der ostfriesischen Insel Spiekeroog zu Beginn der 1960er Jahre im Wortsinne. Karpp hörte den Sound der Stones im Äther von damals in der Nordsee ankernden Piratensendern.

Nach dem ersten Live-Konzert 1964 im englischen Blackpool wurde er Fan und Sammler. Die Zuneigung zu den Rolling Stones war die eine, das Engagement in farbentragenden und schlagenden Verbindungen - Hasso Salia und Bardia - als Fuxmajor und Sänger die andere Leidenschaft. Am Ende seines Lebens – Karpp starb 2012 mit 66 Jahren – war das Dachgeschoss des Familienhauses in Windhagen bei Neuwied voll von dem, was der Hausherr auf Plattenbörsen, Konzerten und sonstwo aufgekauft und erbeutet hatte. Alles fein säuberlich registriert, da sei der Vater „pingelig“ gewesen, berichtet die Tochter.

Der Wert der Stonessammlung gilt als hoch

Um diesen Schatz zu sichern und den Wissenschaften zur Verfügung zu stellen, haben die Erben die Sammlung jetzt als Dauerleihgabe dem ZPKM in Freiburg gegeben. Diese Einrichtung der Universität ist aus dem früheren Deutschen Volksliedarchiv, dem Musical- und dem Popmusikarchiv entstanden.

„Der Wert der Sammlung ist aus kulturgeschichtlicher Perspektive hoch“, betont ZPKM-Direktor Michael Fischer, „gerade weil sie nicht nur Tonträger umfasst, sondern diese vielen Gegenstände populärer Kultur“. Das ermögliche nicht nur musikalische Studien, sondern auch Untersuchungen über die Vermarktungsmechanismen von Popkultur. Die Sammlung stehe nun primär der Wissenschaft und Forschung offen. Aber später einmal sollen die Exponate auch der Öffentlichkeit gezeigt werden - wenn sich ein Aussteller findet. Und vielleicht lockt das dann auch mal einen leibhaftigen „Stone“ nach Freiburg.