Die Stuttgarter Behörde reagiert auf Vorwürfe der Bundesfamilienministerin Katarina Barley. Es bestünden keine Fortbildungsmängel in Sachen Kinderschutz.

Stuttgart - Nach dem jahrelangen Missbrauch eines Neunjährigen im Raum Freiburg ist eine Diskussion über die politischen Konsequenzen entbrannt. Das Landesjustizministerium wies gegenüber unserer Zeitung die Forderung der Bundesfamilienministerin Katarina Barley nach „mehr Sachverstand an den Gerichten“ zurück. „In Baden-Württemberg werden regelmäßig verschiedenste Fortbildungsprogramme für Familienrichter angeboten“, sagte ein Behördensprecher. Das Angebot reiche von Einführungstagungen über Praxisseminare bis hin zu regelmäßigen interdisziplinären Sonderveranstaltungen zu den Themen Kinderschutz und Elternkonsens. Auf Landesebene gebe es außerdem seit Jahren Runde Tische, an denen sich Familiengerichte und Jugendämter austauschten. „Mit Blick auf dieses breite Angebot lässt sich sicherlich nicht von einem Fortbildungsmangel sprechen.“

 

Barley hatte verpflichtende Fortbildungen zu den Themen Missbrauch und Gewalt gefordert. Es müsse auch sichergestellt werden, „dass alle beteiligten Institutionen effizient zusammenarbeiten“.

Fehlt es an Aufsicht?

Landessozialminister Manne Lucha (Grüne) warnte vor ungeprüften Anschuldigungen. „Ich rate dazu, jetzt kein Schwarzer-Peter-Spielchen zu betreiben, ohne die Sachlage vor Ort schon im Detail zu kennen“, sagte er. Man müsse genau analysieren, wann und wo was schief gelaufen sei und ob es systembedingte Probleme gebe. Es brauche auch rasch ein modernen, stärkeres Kinder- und Jugendschutzgesetz.

Der sozialpolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Thomas Poreski, forderte Reformen bei der Jugendhilfe im Land. Die Kommunalisierung der Jugendhilfe habe bewirkt, dass es keine landesweite Fachaufsicht mehr für diesen Bereich gebe, sagte Poreski. Die Eingriffsmöglichkeiten des Landes reduzierten sich im aktuellen Fall auf die formale Rechtsaufsicht: „Das genügt nicht.“ Der rechtspolitische Sprecher der Landtags-FDP, Nico Weinmann, warnte ebenfalls vor pauschaler Kritik an den Familiengerichten.