Der Freiburger OB Dieter Salomon weigert sich, Fragen für das Internetwerkzeug zu beantworten. Dabei zeigen Studien, dass Wahlomaten vor allem junge Wähler animieren, ihre Stimme abzugeben.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Dieter Salomon macht nicht mit beim Frage-Antwort-Spiel Wahlomat, bei dem Wähler die Standpunkte der Kandidaten direkt vergleichen können. Der Freiburger Schultes (Grüne), der sich bei der OB-Wahl im April gute Chancen auf eine weitere Amtszeit ausrechnet, hält diese Internetanwendung, wie er sagt, für „eine Reduzierung komplexer Politik auf ein Klickspiel“. Der Wahlomat, ein Online-Programm der Landeszentrale für politische Bildung (LpB), soll Wählern als Entscheidungshilfe dienen und hätte auch vor der OB-Wahl am 22. April in Freiburg zum Einsatz kommen sollen. Es wäre das erste Mal gewesen, dass die LpB das Frage-Antwort-Programm bei einer OB-Wahl in Baden-Württemberg verwendet hätte. Bisher wurde es bei Bundestagswahlen eingesetzt.

 

„Politik lebt vom Austausch von Argumenten und lässt sich nicht auf einfache Antworten reduzieren“, teilte der seit fast 16 Jahren amtierende Salomon mit. „Die Reduzierung auf ein Klickspiel lässt ein differenziertes Bild der Sachlage nicht zu.“ Die Beschränkung auf die Alternativen „ja“, „nein“ oder „vielleicht“ fördere nicht das politische Verständnis der Teilnehmer, sondern „trägt im schlechtesten Fall sogar zur Politikverdrossenheit bei“. Dem widersprechen unisono die anderen Kandidaten, aber auch die Macher des Wahlomaten.

Von der Wohnungsfrage bis zum Bio-Schulessen

Das Freiburger Projekt wurde von einem 20-köpfigen Mitarbeiterstab entwickelt – meist Studenten im Fach Politik, die mit der LpB, dem Seminar für wissenschaftliche Politik an der Freiburger Universität und der Badischen Zeitung als Medienpartner zusammengearbeitet haben. Allen neun Kandidaten wurden 60 Fragen vorgelegt, die sie beantworten sollten. Ihre Entscheidung sollten sie mit einem Text aus 300 Zeichen begründen. Das Spektrum reicht von der Wohnungsfrage bis zum Bio-Schulessen. Am Ende wären 30 der Themen im Wahlomat-Portal veröffentlicht worden, wo die Leser die Antworten der Kandidaten hätten vergleichen können. Wegen der Absage Salomons halten die Projektpartner aber den repräsentativen Charakter der Aktion für zerstört und stoppten sie. Der OB ließ über seinen Wahlkampfleiter mitteilen, dass er definitiv bei seiner Haltung bleibe.

Das Pilotprojekt hat bereits 8000 Euro Kosten verursacht

Das Pilotprojekt sei damit für die Freiburger OB-Wahl erledigt, befürchtet Michael Wehner, der Leiter der Freiburger Außenstelle der LpB. 8000 Euro habe es schon gekostet. „Mich enttäuscht, dass die Entscheidung unser Bemühen konterkariert, junge Leute zur Teilnahme an der Wahl zu motivieren.“ Die Erfahrungen mit Wahlomaten in fast allen Bundesländern seien gut. Nicht nur die LpB betreibt solche „Voting Advice Applications“, auch Zeitungen nutzen sie vor Wahlen. Es gebe eine Untersuchung der Uni Düsseldorf, so Wehner, wonach die Wahlbeteiligung junger Wähler dadurch um fünf Prozent gestiegen sei. Bei aller Enttäuschung sei er aber sicher, „dass sich der Wahlomat auch bei Bürgermeisterwahlen durchsetzen wird“.