Eine Woche, nachdem Nürnbergs Trainer Verbeek, den Freiburger Kollegen Christian Streich verbal attackiert hatte, gab sich der beim Derby in Stuttgart ganz zahm. Prompt verlor seine Mannschaft 0:2 - der Druck auf den SC steigt.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Christian Streich stand unter Beobachtung, weniger unter Strom. Ausnahmsweise, wegen der Vorkommnis eine Woche zuvor im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg (3:2), als ihn der Gästecoach Gertjan Verbeek verbal attackierte und jetzt sogar aus der Ferne im Fernsehsender Sky („Der Trainer Streich tut mir leid. Was ich über ihn gesagt habe, tut mir gar nicht leid“) nochmals nachlegte.

 

Im Gegensatz zu Streich. Der hatte im Vorfeld des Derbys in Stuttgart ja angekündigt, „die Hände unten zu lassen“. Was weitgehend gelang, „auch wenn ich doch mal gefuchtelt habe“, wie Streich einräumte. Ob einem Energiebündel wie ihm das schwerfalle, wurde er gefragt. Die konkrete Antwort blieb er schuldig: „Ich glaube, die hat Huub gerade gegeben.“ Gemeint war der Tischnachbar und VfB-Kollege Huub Stevens – der auf die Frage laut gelacht und dann dem Kollegen einen freundschaftlichen Klaps verpasst hatte. Was sagt uns das? „Es gibt nicht nur Worte, sondern auch Gesten“, wie Streich noch kurz erklärte, ehe er die Reporter ratlos zurückließ. „Es ist alles g’schwätzt.“ Wirklich?

Unabsichtlich mutig gespielt

In den 90 Minuten zuvor schien sich die vermeintliche Ruhe des Trainers irgendwie auf seine Elf übertragen zu haben, die bei der 0:2-Niederlage seltsam leblos wirkte. Ein Wechselspiel der Gefühle? „Für mich nicht“, sagte der Torhüter Oliver Baumann zu dieser Ambivalenz, „es ist so laut, da hört man sowieso nichts.“ Und Gelson Fernandes fügte hinzu: „In Frankfurt ist der Trainer während des Spiels auch gesessen – und wir haben 4:1 gewonnen.“

Davon waren die Badener am Samstag freilich weit entfernt. „Wir haben in der ersten Hälfte nicht mit Mut und Klarheit gespielt“, gab Streich zu – „aber das war keine Absicht.“ Dafür zumindest eine vertane Chance, den angeknacksten Gegner bei dessen Ballgeschiebe in der ersten Spielhälfte öfter unter Druck zu setzen, als es dem VfB vielleicht lieb gewesen wäre. Und um in Führung zu gehen und so vielleicht doch den Sieg mit nach Hause zu nehmen.

„Jetzt wird’s noch enger“

Acht Punkte hätte die Differenz in der Tabelle nach diesem Kellerduell im Freiburger Idealfall betragen – das wäre mehr als die halbe Miete im Abstiegskampf gewesen. „Es ist schon bitter“, gab Baumann später angesichts der verpassten Vorentscheidung zu. Aber es war irgendwie auch die logische Konsequenz, denn „wir haben erst angefangen, Druck zu machen, als Stuttgart getroffen hatte“. Ein wenig spät, obwohl die Freiburger nach dem Rückstand in ihrer besten Phase durchaus Möglichkeiten besaßen – aber im Zweifel an Sven Ulreich scheiterten, wie Admir Mehmedi nach dem Patzer von Gotoku Sakai. Baumann: „Wir haben es einfach nicht geschafft, ein Tor zu erzwingen.“

So wird der Druck auf den SC im Saisonfinale nochmals erhöht. Der Partie am Samstag gegen das Schlusslicht Eintracht Braunschweig kommt deshalb schon eine Schlüsselrolle zu. „Jetzt wird’s noch enger“, weiß der Verteidiger Matthias Ginter, zumal in Freis, Zulechner und Krmas kurzfristig wichtige Spieler ausfielen. Der zuletzt so starke und am Samstag gesperrte Julian Schuster kehrt zumindest zurück, so viel ist sicher.

Und Freiburg ist auf alles vorbereitet. Matthias Ginter: „Wir wussten vom ersten Spieltag an, dass es gegen den Abstieg geht.“ Wirklich? Immerhin war die Mannschaft vergangenen Sommer in die Europa League eingezogen. „Wir haben die große Hoffnung, dass wir es schaffen“, sagte der Trainer noch, „das wäre dann gefühlt mehr wert als letztes Jahr der fünfte Platz.“ Bis es so weit ist, steht Christian Streich nicht nur unter Beobachtung, sondern sicher auch bald wieder unter Strom. Fragt sich nur noch: Unter Ökostrom?