Nach dem Wechsel Schreibers zur CDU stellt die Vereinigung ihre Unterschiede zu den Parteien heraus.

Weil der Stadt - Groß ist die Aufregung bei den Freien Wählern, seitdem der Bürgermeister von Weil der Stadt, Thilo Schreiber, per Interview in unserer Zeitung verkündet hat, dass er nach 18 Jahren Zugehörigkeit bei der parteiunabhängigen Wählervereinigung zur CDU gewechselt ist.

 

Die Freien Wähler, die in den Kommunen des Landes die größte politische Kraft sind und im Böblinger Kreistag die Mehrheitsfraktion stellen, „haben kein Problem damit“, dass jemand von ihnen zu einer Partei wechselt, versichert der Landesvorsitzende Wolfgang Faißt. Sie verwahren sich in diesem Zusammenhang aber gegen die Ansicht, dass lediglich klassische Parteien mit einem Parteiprogramm ein klares inhaltliches Profil hätten.

Guter Draht zum Ministerpräsident

„Alle Freien Wähler haben ein Kommunalwahlprogramm, ein Kreistagswahlprogramm, das aus Schwerpunkten besteht“, erklärt Faißt, der hauptberuflich Bürgermeister von Renningen ist. Beispielhaft nennt er Bildung, Betreuung , neue Mobilitätsformen, Wohnungen nicht nur in den Ballungsräumen oder die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet. Dass die Freien Wähler kein Parteiprogramm im klassischen Sinne haben, sieht Faißt als „klaren Vorteil“. Denn: „Wir setzen uns vor Ort für die beste Lösung ein und stehen mit unseren Erfahrungen aus der Arbeit im Haupt- und Ehrenamt für sachgerechte und zielorientierte Erledigung der Aufgaben.“

Thilo Schreiber ist jetzt CDU-Mitglied. Foto: factum/Granville
Den Vorwurf Thilo Schreibers, er hätte bei der Landesregierung mit niemanden über das brisante Thema Hesse-Bahn sprechen können, da die Freien Wähler in Stuttgart nicht vernetzt seien, weist Faißt entschieden zurück. „Wir verfügen über sehr gute und konstruktive Kontakte zum Ministerpräsidenten und den Mitgliedern des Kabinetts, sowie zu den Abgeordneten des Landtages der CDU, den Grünen sowie der SPD“, erklärt Wolfgang Faißt. „Weil die Freien Wähler keine Opposition sind, sondern die konkrete Sache und deren Lösung in den Vordergrund solcher Gespräche stellen, erreichen wir oft mehr, als wenn wir einem politischen Lager zugerechnet würden.“ So habe er als Landeschef sowohl bei Kretschmann wie auch bei den Ministern und Fraktionschefs „immer schnell offene Türen und lösungsorientierte Gesprächspartner vorgefunden“.

Kein Monopolanspruch der Parteien

Wolfgang Faißt widerspricht der in einem Kommentar in unserer Zeitung vertretenen Meinung, politische Willensbildung sei vor allem die Angelegenheit der Parteien. „Erst kürzlich hat ein Vorgang im Landtag uns vor Augen geführt, wie eine gewählte Partei die politische Auseinandersetzung, die Sitzungskultur und grundlegende Anstandsregeln des politischen Diskurses mit Füßen getreten hat“, erklärt der Landeschef der Freien Wähler mit Blick auf den AfD-Eklat im Landtag vor einer Woche. „Politische Willensbildung darf niemals nur von den Parteien verwaltet werden. Kirchen, Gewerkschaften, Vereine und die Presse: Sie alle erfüllen ihren Teil bei der politischen Willensbildung.“ Einen Monopolanspruch der Parteien gebe es „zum Glück“ nicht.

Engagement fürs Krankenhaus

Auch Wolfgang Schaal, der Stadtverbandsvorsitzende der Freien Wähler in Leonberg, verweist am Beispiel des Krankenhauses auf die inhaltliche Arbeit vor Ort. „Im Kreistag haben Werner Metz, Joachim Quendt und ich massiv darauf gedrängt, die Klinik voll zu sanieren.“ Letztlich hatte es der Kreistag mehrheitlich beschlossen, mit den 30 Stimmen der Freien Wähler.

„Wir haben viele engagierte Mitglieder, die sich in langen Jahren intensiv in die kommunalpolitische Arbeit einbringen, inhaltlich sehr viel zu sagen haben und konkrete Dinge zum Wohl der Bürger bewegen“, erklärt Schaal.