In Esslingen soll das beste Baurechtsamt des Landes Baden-Württemberg etabliert werden. Nicht weniger wollen die Gemeinderatsfraktionen von Freien Wählern und der FDP. Wie das gehen soll? Zwei Kommunalpolitikerinnen legen einen Drei-Punkte-Plan vor.
Die Baubranche steckt in einer tiefen Krise. Aber vielleicht steckt in der Krise ja eine Chance. Das jedenfalls denken sich die Fraktionen FDP/Volt und Freie Wähler im Esslinger Gemeinderat, die das Baurechtsamt reformieren wollen. Und nicht nur das. Ihr Ziel: Das städtische Amt soll sich zu einer „Vorzeigebehörde“ in Baden-Württemberg entwickeln.
Aber ist es der richtige Zeitpunkt für dieses Ansinnen? „Wir befinden uns in einer tief greifenden Baukrise. Die Zahl der Bauanträge geht drastisch zurück, es wird deutlich weniger gebaut und dennoch herrscht eine Mangellage im Bereich des Wohnungsbaus“, schreiben die Autorinnen, die Fraktionschefinnen Rena Farquhar (FDP/Volt) und Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) in ihrem Antrag. Zahlen geben ihnen recht. In Baden-Württemberg ist laut Konjunkturbericht die Zahl der Baugenehmigungen in den ersten Monaten 2024 um mehr als 40 Prozent im Vorjahresvergleich eingebrochen.
Sich in der Krise für die Zeit danach vorbereiten
Trotz dieser Lage ist es für die beiden Fraktionschefinnen genau der richtige Zeitpunkt für einen solchen Antrag. Ihr Hauptargument entbehrt auch nicht einer gewissen Logik: „Wir wollen vorbereitet sein für eine Zeit danach, wenn die Bauwirtschaft wieder anzieht, die Bagger wieder rollen und dafür brauchen wir das beste Baurechtsamt Baden-Württembergs.“ Um das zu erreichen, „müssen sich die Rahmenbedingungen ändern“, fordert Farquhar.
Für diese Änderungen haben FDP/Volt und Freie Wähler einen Drei-Punkte-Plan vorgelegt. Punkt eins: ein „Kulturwandel im Kopf“, wie Farquhar es ausdrückt. Die Baubehörde sei etwas „sehr staatliches“, daher arbeite sie „eher hoheitlich“. Es sei aber eine Dienstleistungsbehörde. Die Genehmigungsprozesse sollten künftig wie Projekte gesteuert werden.
Die Behördenmitarbeiter seien nicht länger nur Entscheider, die eher abarbeiten und dabei den Bauherrn zuweilen im Regen stehen lassen, weil er nicht so genau deuten kann, was das Baurechtsamt tatsächlich will. Vielmehr sollten die Mitarbeiter zu „Verfahrenssteuerern“ werden. Das Amt soll stärker mitdenken, auch im Sinne des Bauherrn. Farquhar und Silberhorn-Hemminger fordern proaktives Handeln und mehr Transparenz im Verfahren für alle Beteiligte.
Punkt zwei: „Eine Behörde ist nur so gut wie ihre Ausstattung“ so das Credo Farquhars. In Esslingen „entspricht die Ausstattung nicht dem heutigen Standard“, klagt Silberhorn-Hemminger. Schlimmer noch: „Sie ist völlig unzureichend.“ Angeblich werden dort noch Handys aus dem Jahr 1996 genutzt, auch der Laptop gehört nicht für jeden zur Standardausrüstung.
Im Antrag wird dieser Zustand so umschrieben: „Die Volldigitalisierung spielt eine entscheidende Rolle. Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Hard- und Softwareausstattung.“ Smartphones mit guter Kamera beispielsweise sind für Baukontrolleure unverzichtbar. Handys aus dem Jahr 1996 leisten dies sicherlich nicht.
Die Kosten werden auf 350 000 Euro geschätzt
Die mangelhafte Ausstattung sei dann auch nicht gut bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter, so Silberhorn-Hemminger. Das wäre dann der dritte Punkt: die personelle Lage soll qualitativ wie quantitativ verbessert werden. Gemeint ist damit: Nicht nur eine ausreichende Zahl an Mitarbeitenden ist wichtig auf dem Weg zum „besten Baurechtsamt“. Es geht auch um Qualität und das bedeutet permanente Weiterbildung.
Das alles kostet natürlich Geld. Die Antragsteller rechnen mit 350 000 Euro, davon 100 000 Euro für die bessere personelle Ausstattung. Mit den Mehreinnahmen aus den Gewerbesteuern ließe sich das bezahlen, so die Rechnung. Es liegt jetzt am Finanz- und Baudezernat, die Vorschläge zu prüfen.