Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich verlangt mehr Mitsprache bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Er erhält dabei auch Unterstützung von anderen Bundesländern.

Berlin - Die Bundesländer pochen in den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA auf ein Mitspracherecht. Das geplante Abkommen, das niedrigere Zölle und einheitliche Standards vorsieht, müsse dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt werden, heißt es in einem Antrag mehrerer Länder, den der Bundesrat aller Voraussicht nach am heutigen Freitag beschließen wird. Die Initiative geht von den Ländern Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bremen aus. Aufmerksamkeit erregt, dass Länder mit Regierungsbeteiligung von SPD und Grünen die Initiative ergreifen und dabei die Chancen des Abkommens betonen.

 

Der baden-württembergische Europaminister Peter Friedrich (SPD) sagte der Stuttgarter Zeitung: „Für Baden-Württemberg als Exportland Nummer eins ist der freie Handel eine zentrale Frage.“ Vom freien Handel profitierten die Automobilindustrie und der Maschinenbau, die im Südwesten stark vertreten sind. „Wir haben großes Interesse, dass das Abkommen zustande kommt“, sagte Friedrich.

Verbraucherstandards sollen gewahrt bleiben

Er machte aber deutlich, dass aus Sicht der Länder mehrere Bedingungen erfüllt sein müssten. Mit Blick auf die Bundesregierung sagte Friedrich, es sei nicht selbstverständlich, dass die Länder dem Abkommen zustimmten. Es komme darauf an, dass Sozial-, Verbraucher- und Umweltstandards gewahrt würden. Wichtig sei auch, dass der Kulturbereich nicht vom Freihandelsabkommen erfasst werde. Die Zuständigkeit des Bundesrats begründete Friedrich mit dem Hinweis, die Länder seien für Kultur zuständig.

Aus Sicht der baden-württembergischen Landesregierung sei es erfreulich, dass ein europäisches Vorhaben zu einer breiten Debatte in der Öffentlichkeit führt. Die Brüsseler EU-Kommission habe im Umgang mit dem umstrittenen Thema „eine deutliche Lernkurve“ hinter sich, sagte der Europaminister. „Mit der Methode, die Karawane zieht weiter, egal was passiert, wird es kein Freihandelsabkommen geben“, meinte Friedrich.

Als Fortschritt wertete der SPD-Politiker, dass die EU-Kommission inzwischen bemüht sei, stärker über die Verhandlungsfortschritte zu informieren. In der Anfangsphase seien die Gespräche zwischen der EU und den USA undurchsichtig gewesen. „Wir begrüßen es, dass die EU den Meinungsbildungsprozess geöffnet hat.“ Auch die Bundesregierung kläre besser auf. Auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums können viele Dokumente zu den Verhandlungen eingesehen werden. Wirtschaftsminister Gabriel hatte vor Monaten mehr Transparenz angekündigt.

Eine Vielzahl von Verbänden und Organisationen befürchtet, dass das Freihandelsabkommen zu einer Aushöhlung der Verbraucher- und Sozialstandards führt. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen schlossen sich mehr als 700 000 Menschen über das Internet einem Aufruf gegen das Freihandelsabkommen an. Kritiker befürchten, dass die Vereinheitlichung von Normen die Verbraucher benachteiligen könnte. Stichworte sind Chlorhühnchen und Klonfleisch.

Umstrittene Schiedsgerichte

Um auf die Sorgen einzugehen, hat die EU-Kommission ein öffentliches Konsultationsverfahren zu Aspekten des Abkommens eingeleitet. Bürger, Organisationen und Parlamente haben gegenwärtig die Möglichkeit, ihre Meinung zum vorgesehenen Investitionsschutzabkommen mitzuteilen. Mittlerweile sind rund 30 000 Eingaben in Brüssel eingegangen. Umstritten ist, dass die Vereinigten Staaten in den Verträgen die Möglichkeit verankern wollen, internationale Schiedsgerichte anzurufen. Dies soll Investoren Sicherheit geben.

In ihrem Antrag stellen die Bundesländer nun aber fest, dass durch die Schiedsgerichte demokratische Entscheidungen ausgehebelt werden könnten. Auf diese Weise werde der Gesundheits-, Umwelt- und Arbeitsschutz geschwächt. Die Länder plädieren dafür, Investoren grundsätzlich auf die nationalen Gerichte zu verweisen. Eine internationale Schiedsgerichtbarkeit sei für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Europa überflüssig. Der reguläre Rechtsweg sei im Fall von Streitigkeiten ausreichend.

Nach Ansicht der Länder soll das Freihandelsabkommen als sogenanntes gemischtes Abkommen eingestuft werden. Dies bedeutet, dass nicht nur der Europäische Rat und das Europäische Parlament entscheiden, sondern auch die nationalen Parlamente zustimmen müssen. In diesem Fall könnte es zu Verzögerungen bei Entscheidungen kommen.