Die Feier in der Hagia Sophia ist ein schwarzer Tag für die Idee des Weltkulturerbes, kommentiert Tim Schleider.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Es war eine religiöse Feier, es war aber auch ein Staatsakt. Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Freitag zum Gebet in der Hagia Sophia im Herzen Istanbuls erschien, missachtete er alles, für das dieser wunderbare Ort eigentlich stehen sollte: „Hagia Sophia“ kommt aus dem Griechischen und heißt „heilige Weisheit“. Doch mit Weisheit hat auch dieser Schachzug Erdogans nichts zu tun, noch nicht mal mit persönlicher Frömmigkeit: Er löst schlicht ein Wahlversprechen an die islamische Rechte in seinem Land ein und will gen Europa ein weiteres Zeichen türkisch-nationalen Selbstbewusstseins setzen – auf Kosten des Weltkulturerbes und so auf Kosten aller, denen die Idee eines gemeinsamen Kulturschatzes aller Menschen am Herzen liegt.