Sie überprüfen Vogelhäuser, reparieren oder schulen Kinder: Jedes Jahr machen etwa 3000 junge Menschen in Deutschland ein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Die Arbeit im Umweltbereich ist begehrt, doch es mangelt am Geld für weitere Plätze.

Sindelfingen - Zwischen den Zweigen der Bäume hängt ein kleines, hölzernes Vogelhaus. Von außen ist es eher unscheinbar, was sich darin befindet, ist nicht zu sehen – zumindest nicht ohne geschultes Auge. Harald Jehle und Maike Notter wissen aber Bescheid. „Das ist das Nest einer Meise.“ Als sie den Deckel öffnen, kommt ein Vogelnest zum Vorschein. Es besteht aus Zweigen und Moosresten, die es klar als Meisennest ausweisen.

 

Über 100 Nistkästen gibt es um das Vogelinformationszentrum in Sindelfingen, genannt VIS – dem Arbeitsplatz von Meike und Harald. Seit September letzten Jahres machen die zwei dort ein sogenanntes Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Die Vogelhäuser zu überprüfen ist dabei nur eine ihrer Aufgaben: Auch Bildungsarbeit gehört dazu. Regelmäßig besuchen Schulen und Kindergärten das Projekt und lernen von den beiden viel über Natur, Tiere und Wälder. Dazu kommen immer wieder Reparaturaufgaben in der Werkstatt und Organisationsaufgaben im Büro. Die Projekte des FÖJ, der „kleinen Schwester“ des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), sind über das ganze Bundesgebiet verstreut.

Die Plätze sind jedoch begrenzt, im Land Baden-Württemberg werden bislang nur 240 solcher Einsatzstellen unterstützt. Das sind deutlich weniger Plätze als für das FSJ, für das jährlich etwa 13 500 Menschen aktiv sind. Dabei ist der Bedarf an ökologischen Stellen groß, auf jeden Platz kommen etwa vier Bewerbungen. Obwohl der Etat für Freiwilligendienste mittlerweile vonseiten des Bundesfamilienministeriums erhöht wurde, mangelt es noch immer an Mitteln.

Vier Bewerbungen pro Platz

„Der Bund hat seine Förderungen ja schon erhöht, jetzt muss nur noch das Land nachziehen“, meint Maike Notter. Neue Einsatzstellen müssten nämlich ohne Aufstockung der landeseigenen Mittel weiter „aus eigener Tasche finanziert“ werden, sagt Tanja Diewald. Sie ist Bildungsreferentin der Diözese Rottenburg-Stuttgart, einer von vier Trägern des FÖJ. Daneben kümmern sich die Diakonie, der Internationale Bund und die Landeszentrale für politische Bildung (LpB) um die Einsatzplätze. Harald und Maike sehen neben der generellen Finanzierung der Stellen auch Fahrtkosten als Problem. Diese müssen die Freiwilligen nämlich selbst zahlen. Auch Kosten für Unterkünfte könnten durch die bisherigen Förderungen noch nicht gedeckt werden, so Tanja Diewald. Hohe Kosten sind ein großes Hindernis für den Antritt eines Freiwilliges Ökologisches Jahres – welches eigentlich offen für alle sein soll.

„Ihr seid ganz wichtig“

Dass ein FÖJ ein sehr wichtiger Einsatz für die Umwelt ist, findet auch Umweltstaatssekretär André Baumann. Kürzlich besuchte der Grünen-Politiker drei Einsatzstellen in Baden-Württemberg: das Vogelzentrum in Sindelfingen, das Zentrum für Umweltbildung „My Climate“ in Reutlingen und das Biosphärenzentrum in Münsingen. „Ihr seid ganz wichtig“, sagt Baumann zu Maike und Harald. Er danke „allen jungen Menschen, die sich im FÖJ für Natur, Umwelt und zukünftige Generationen einsetzen und uns damit etwas äußerst Wertvolles schenken: ihre Lebenszeit“. Er hofft, dass ein solcher Freiwilligendienst weiterhin einen Beitrag gegen eine verbreitete Volkskrankheit leistet: das „Naturdegressionssyndrom“, den schwindenden Bezug zur Umwelt.

Erfahrungen kommen in dem Vogelzentrum in Sindelfingen jedenfalls nicht zu kurz. Diese stellen Harald und Maike ihren Gästen in einem kurzen Vortrag vor: Man entwickle sich persönlich weiter und werde selbstständiger. Dazu kommen die Einblicke in verschiedene Berufe wie Umweltpädagogik und Forstarbeit. Beide sind sich einig: Das FÖJ lohnt sich jetzt schon.