Die Bosch-Mitarbeiter Markus Eßlinger und Holger Seidel haben eine Passion: Sie imkern in der Freizeit und teilen dieses Hobby mit einer Reihe weiterer Boschler. Auf dem Firmengelände stehen mehrere Bienenstöcke. Die Firma fördert das Projekt.

Feuerbach - Bienenstöcke auf begrünten Dächern in der Stadt und Hobby-Imkerkurse für Einsteiger: Das Thema Bienen boomt. Auch in einem Großbetrieb wie Bosch werden den dort beschäftigten Freizeit-Imkern Möglichkeiten geboten, ihrer Leidenschaft für Apis mellifera – wie der lateinische Name der Honigbiene lautet – in den Betriebspausen und nach Feierabend auf dem Firmengelände nachzugehen. So haben auf dem Dach des neuen Verwaltungsgebäudes am Bosch-Stammsitz in Feuerbach mehrere Bienenvölker eine neue Heimat gefunden und starten von den hier aufgestellten Stöcken zu ihren Sammeltouren.

 

Weitere Bienenstöcke stehen auf einer Blumenwiese ganz in der Nähe von Tor 7. Markus Eßlinger, der bei Bosch im Bereich Dieselentwicklung arbeitet, ist der Bienenzucht-Traditionalist. Seit 13 Jahren produziert er Honig und züchtet Bienen. Außerdem ist er Mitglied im Vorstand des Bezirksbienenzüchtervereins Kirchheim-Teck. Imkern sei zwar ein relativ einsames Hobby, meint der 53-Jährige, aber genau das schätzt er auch daran: „Ich genieße es als Ausgleich zum Beruf, denn beim Umgang mit Bienen braucht man zunächst einmal Ruhe, kann tief durchatmen und kommt runter.“ Also der ideale Gegenpol zur Hektik im Büro-Alltag.

Holger Seidel ist noch nicht so lange dabei. Er orientiert sich an den Demeter-Richtlinien bei der Bienenhaltung und verfolgt auch bei der Züchtung einen etwas anderen, alternativen Ansatz als sein Bosch-Kollege Eßlinger. Bei Architekt Seidel war es ursprünglich sein Großonkel, der ihm schon in frühen Kindertagen diese geheimnisvoll summende Welt der Bienenstöcke Stück für Stück näher brachte: „Mein Großonkel war ein Berufsimker, schon als Dreijähriger hat er mich mitgenommen und ich durfte ihm helfen“, berichtet Seidel. Zu Seidels 40. Geburtstag – das war vor vier Jahren – stellte ihm sein Onkel als Geschenk zwei Bienenvölker auf den Hof: „Jetzt machst du es selbst“, hat er einfach gesagt.

Passionierte Imker

Eßlinger und Seidel sind beides passionierte Freizeitimker, die stundenlang von ihrem Hobby erzählen können. Und beide sind Teil einer kleinen Community bei der großen Bosch-Familie: „Wir haben uns vernetzt mit den anderen Hobby-Imkern im Betrieb“, berichten sie auf dem Weg nach oben zum Bienenstock auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes. Honig ist, wenn man so will, nur der „Beifang“ ihres Hobbys. Ansonsten erfüllen die kleinen summenden Insekten eine ökologische Funktion, die weitaus bedeutender ist, als nur den menschlichen Geschmacksinn mit dem goldenen gutschmeckenden Stoff zu erfreuen.

„Bienen sind Agronomen der Natur, aktiv tätige Ökologen. Sie befruchten unsere Nutzpflanzen und erhalten die biologische Vielfalt. Etwa ein Drittel der Nahrungsmittel auf unserem Planeten hängt von ihrem unermüdlichen Einsatz ab“, schreibt der Autor und Künstler Horst Kornberger in seinem Buch „Weltwunder Bienenstock“. Für Eßlinger wie Seidel ist klar, es geht um viel: Um die Existenz einer Schlüsselspezies – auch für den Menschen. Mit ihrem langsamen Verschwinden wächst die Gefahr: Die Varroa-Milbe mache den Bienen zu schaffen. Eine weibliche Milbe genügt, um das ganze Volk zu infizieren. Doch schlechter als der domestizierten Biene geht es den vielen Wildbienenarten: „Wir brauchen Wiesen mit Bestäuberblühmischungen gerade auch für die Wildbienen“, betont Seidel. Auch die kahlen Streuobstwiesen seien oft ein Problem: „Dort fehlen die Kräuter.“

Eßlinger holt eines der Rähmchen hervor

In diesem Jahr waren und sind allerdings auch die niedrigen Temperaturen ein Problem. Erst ab 11 bis 12 Grad beginnen die Bienen überhaupt erst zu schwärmen. Eßlinger holt ein Rähmchen mit Bienenwaben aus einem der Stöcke hervor. So richtig aktiv sind die kleinen sechsbeinigen Gesellen mit den zwei durchsichtigen Flügeln auch heute nicht, nur wenige starten vom Bienenstock aus ihren Rundflug oder kommen gerade von einer Sammeltour vom nahen Höhenweg oder den Wiesen und Gärten am Hattenbühl zurück. Ihre Produkte – wie zum Beispiel Propolis – gelten als gesundheitsfördernd und haben eine antibiotische Wirkung: „Damit kleistern sie dann auch die fremden Eindringlinge ein, um sich zu schützen.“ Ein paar von ihnen umschwirren Eßlinger, vor Stichen fürchtet er sich schon lange nicht mehr: „Mit der Zeit wird man immun.“

Boschler und Bienen

Mit ein wenig Rauch aus dem Smoker nebelt Eßlinger den Bienenstock ein: So bleiben die giftstachligen Insekten friedlich. Und als echte Bedrohung taugen Seidel und Eßlinger ohnehin nicht – anders als der Bär: „Der muffelt und das riechen die Bienen genau“, sagt Eßlinger. Überhaupt sind Honigbienen ein geselliges Völkchen, fein aufeinander abgestimmte Gemeinschaften zu bilden, ist ihr Top-Thema: „Wenn es der Königin schlecht geht, dann heulen die Bienen regelrecht, da ist dann so ein Rauschen aus dem Bienenstock zu hören.“

Vielleicht haben Boschler und Bienen mehr gemein als nur den Anfangsbuchstaben. Wie sagte einst Firmengründer Robert Bosch: „Es soll sich keiner einbilden, seine Arbeit sei über die seines Mitarbeiters erhaben. Jeder soll mitwirken zum Wohle des Ganzen.“ Das könnte man eins und zu eins auch über die Bosch-Bienen sagen.