Seit 52 Jahren vergnügt sich eine Freizeitfußball-Truppe im SV Leonberg/Eltingen – die Spielformen werden dem Alter angepasst. Aber die Routinier haben auch ein Problem.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Ulrike Hild ist aus besonderem Holz geschnitzt. Sie ist zweifellos eine erprobte Fußballerin, aber sie ist noch mehr. „Ich habe 23 Jahre beim Fußballspielen unter Männern überlebt“, sagt sie und lacht. Vor vielen Jahren waren es noch drei Frauen, die in der Freizeitkicker-Truppe des SV Leonberg/Eltingen mitmischten, mittlerweile ist nur Ulrike Hild übrig geblieben. Mit ihren 57 Jahren ist die ehemalige Spielerin und langjährige Fußball-Jugendleiterin des TSV Eltingen die Jüngste in der bewegungsfreudigen Gruppe der Senioren, die bereits seit 52 Jahren besteht – und in der Klaus Dinkel mit seinen 78 an diesem Freitag der Älteste ist, der beim Fußballtennis die betagten Beine gegen den Ball schlägt, wenngleich nicht mehr so hoch wie im Alter von Mitte 50.

 

Man kann nach der Fußballtennis-Truppe fast die Uhr stellen, jeden Freitag um 19.15 Uhr fliegt der Ball durch die kleine Halle bei der SV-Sportwelt. Bei der Gründung 1970 wurde noch ganz konventionell Fußball gespielt, nach den gängigen Regeln auf dem Feld im Freien, doch als der Bewegungsradius der Kickfreunde sich mit zunehmendem Alter einengte, wurde die Halle zur Heimat. „Erst haben wir quergelegte Kastenelemente als Tore verwendet“, erzählt Jürgen Stolle, der Gruppenleiter, „doch als das Verletzungsrisiko beim Fußball zu groß wurde, sind wir vor einigen Jahren schließlich auf Fußballtennis umgestiegen.“

Drei gegen drei treten auf dem Volleyballfeld an, das Netz trennt die Teams in etwa 1,50 Meter Höhe – und es sieht einfacher aus als es tatsächlich ist. „Man muss anders zum Ball gehen als im Fußball“, referiert Peter Pfitzenmaier im England-Trikot, der langjährige Clubchef des TSV Eltingen und Leonberger Ex-Stadtrat, „der springt ganz anders, man muss häufig beim Erstkontakt den Kopf oder den Oberkörper benutzen.“ Einen zusätzlichen Schwierigkeitsgrad stellen die Wände dar, die kaum einen halben Meter hinter den Auslinien stehen. „Stellungsspiel ist da sehr wichtig“, betont Siegfried Sattler, einst TSV-Fußballer in der Landesliga. Die bekannte Situation à la „Nimm ihn du – ich hab’ ihn sicher“ – und dann hat ihn doch keiner – passiert selbst bei erprobten Kräften.

Fast jeder hat schon aktiv gespielt

So ziemlich jeder aus dem Fußballtennis-Team blickt auf eine sportliche Vergangenheit im TSV Eltingen zurück, kaum einer hat nicht als ehrenamtlicher Funktionär im Club (oder anderen Leonberger Institutionen) mitgearbeitet. Wie das einstige TSV-Vorstandsmitglied Robert Kielwein, das wie Bernd Schulze und Sepp Frenzel zur „VdK-Abteilung“ gehören, wie sich die Herren scherzhaft selbst nennen, die alle jenseits der 70 sind – und weil sie sich mit ihren alten Knochen erst zur dritten Halbzeit einwechseln, wenn der Fußball durch Getränke ersetzt wird, die Körper und Geist beleben.

Auch Corona hat die Truppe nicht besiegt

Corona hat die Truppe nicht in die Knie gezwungen. Das 50-Jahr-Jubiläum wurde zwar nicht pünktlich 2020 gefeiert, sondern erst 2022; und wegen der Restriktionen der Pandemie sind zwei Spieler abgesprungen. Nur zwei. „Es war nicht einfach, Kontakt zu halten“, sagt Jürgen Stolle, „da nicht alle ein E-Mail-Konto besitzen.“ Mittlerweile wird auch per Whatsapp kommuniziert, wer denn am nächsten Freitag zum Kicken kommt. Bleibt nur noch eine Sorge bei den aktiven Senioren: Es fehlt an Nachwuchs, es liegen in der Sportwelt am Eingang auf dem Broschürenstand Flyer aus, die vor geraumer Zeit vier neue Kicker angelockt haben, aber „wir könnten noch ein paar gebrauchen, dabei spielt das Alter keine Rolle“, sagt Bernhard Nickert, der mit 63 zu den Jüngeren zählt und der in der Sportwelt als Indoor-Cycling- Coach arbeitet. Wahrscheinlich würde sich nicht nur Ulrike Hild freuen, wenn sich mal eine Frau zum Fußballtennis melden würde.