Ein Naherholungskonzept soll den Standort attraktiver und Angebote bekannter machen. Auch die Bürger können einen Beitrag leisten.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Die Idee ist nicht ganz neu. Bereits 2015 hatte die Regionalversammlung beschlossen, dass der Verband Region Stuttgart (VRS) ein umfassendes Naherholungskonzept erarbeiten soll. Die Gründe, die schon damals genannt worden waren, haben wegen Corona und wegen des wachsenden Umweltbewusstseins vieler Menschen seither noch an Bedeutung gewonnen.

 

Schließlich hat sich gerade in den vergangenen drei Jahren gezeigt, wie wichtig siedlungsnahe Erholungsangebote sind. Diese sollten im Optimalfall zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV erreichbar sein. Nun will der VRS zusammen mit den Kommunen in der Region, Naturschutz- und Tourismusverbänden, potenziellen Projektpartnern aber auch Bürgerinnen und Bürgern ein solches Konzept erarbeiten.

75 Prozent der Flächen in der Region sind unbebaut

Dabei sollen die landschaftlichen Besonderheiten der Region herausarbeitet und der hohe Freizeitwert betont werden. Gleichzeitig sollen auch Probleme, die durch extensiven Tourismus entstehen und mit anderen, etwa landwirtschaftlichen Nutzungen der Freiflächen in Konflikt stehen könnten, berücksichtigt werden. Auch eine Überlastung der Naturräume durch extensiven Tourismus soll vermieden werden.

Die Voraussetzungen für ein attraktives Freizeitangebot in der Region, darauf hat Christine Baumgärtner hingewiesen, sind durchaus gut: „75 Prozent der Gesamtfläche sind unbebaut. Auch in vielen Gemeinden und Städten stehen zudem innerorts Erholungsflächen schon jetzt zur Verfügung“, betont Baumgärtner, die für die Region das Landschaftspark-Projekt betreut. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass die allermeisten Menschen in der Region solche Freiräume innerhalb von zehn Minuten erreichen können. Die Naherholung kann damit fast vor der Haustür beginnen.

Die Landschaftsparkprojekte werden eingebunden

Auch die rund 250 Landschaftsparkprojekte, die seit 2005 mit organisatorischer und finanzieller Hilfe des VRS entstanden sind – von Freizeitsportangeboten bis zu Erlebnispfaden und Renaturierungsmaßnahmen – sollen vor allem mit interkommunalen Projekten weiter ausgebaut werden. Sie sollen eine wichtige Rolle im Naherholungskonzept der Region spielen.

Drei Schwerpunkte sollen gesetzt werden. Zum einen sollen besondere Leuchtturmprojekte entwickelt werden, die über Strahlkraft verfügen, um Menschen aus der Region anzulocken. Baumgärtner nennt als bereits existierende Beispiele den Schönbuchturm, das renaturierte Neckargebiet Zugwiesen bei Ludwigsburg und die Route Industriekultur Filstal, auf deren Begehung oder Befahrung man tief in die Industriegeschichte des Filstals eintauchen kann. Baumgärtner kann sich weitere solcher Routen vorstellen, die sich nur in Kooperation mit mehreren Kommunen realisieren lassen und bei denen der VRS die Koordination übernehmen und die Projekte auch mitfinanzieren könnte.

Die digitale Freizeitkarte soll immer aktuell sein

Als zweites Standbein sollen die Bürger ihre Lieblingsorte, Tipps und Ideen zur Verbesserung des Angebots einspeisen. Dazu soll auf der Website der Region eine Möglichkeit zur Rückmeldung geschaffen werden. Gedacht ist also an ein Diskussionsforum, das niederschwellig jedem die Möglichkeit gibt, eigene Ideen zu teilen oder zu anderen Vorschlägen seine Meinung zu äußern.

Eine zentrale Bedeutung kommt schließlich der geplanten digitalen Freizeitkarte zu, die ausgewählte Naturerlebnisangebote, Landschaftspark-Projekte und Freizeitrouten auflistet und auch über eine App abrufbar sein soll. Im Gegensatz zu klassischen Broschüren verspricht sich Baumgärtner von dieser App einen hohen Gebrauchswert für die Nutzer, zumal an eine laufende Aktualisierung gedacht ist. Zunächst soll das Konzept in allen Details erarbeitet werden. Mit der Umsetzung wird Ende 2024 begonnen.

Die Naherholung als Wirtschaftsfaktor

Wirtschaftliches
Natürlich ist die Naherholung auch ein wirtschaftlicher Faktor. Zwar gibt es keine präzise Erfassung der Freizeitausgaben der 2,8 Millionen Menschen, die in der Region Stuttgart leben. Laut Statistischem Landesamt geben aber die Haushalte pro Monat 314 Euro für Freizeit, Unterhaltung und Kultur aus. Allein in der Region Stuttgart mit ihren 1,35 Millionen Haushalten ergibt das jährlich 5,1 Milliarden Euro.

Arbeitsmarkt
Und noch ein wirtschaftlicher Aspekt kommt hinzu: Angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels und der Bedeutung, die das Freizeitangebot für die Wahl des Arbeitsplatzes hat, ist eine attraktive Umgebung oft entscheidend für die Wahl des Arbeitsplatzes.