Beim SV Leonberg/Eltingen treffen sich freitagabends regelmäßig fünf bis sechs Menschen mit Behinderung, um mobil zu bleiben. Margarete Häfele ist für diese besondere Aufgabe als Übungsleiterin wie geschaffen.

Leonberg -

 

Wolfgang Petrys Partyhit „Weiß der Geier oder weiß er nicht“ erfüllt die Sporthalle der August-Lämmle-Schule, Übungsleiterin Margarete Häfele sagt an, welcher Fuß gerade zur Seite oder nach vorne gesetzt werden soll. Dann heißt es, die Knie abwechselnd hochzuziehen und mit den Armen zu winken. Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass hier eine ganz normale Gymnastik- oder Aerobic-Gruppe am Werke ist. Doch die sechs Frauen und Männer sind alles andere als normale Sportler, sondern Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Der SV Leonberg/Eltingen gehört zu den wenigen Vereinen in Deutschland, der in seiner Freizeitsportabteilung das Angebot „Sport für Menschen mit Behinderung“ macht. Die Idee dazu stammt ursprünglich aus dem „Leonberger Netzwerk Inklusion“ (LeoNI), das Elisabeth Kolofon von der Lebenshilfe initiiert hat. Über diese Plattform sollen Menschen mit Behinderung von Angeboten der Vereine und anderer Institutionen erfahren. Bereits im Jahr 2016 gab es beim damaligen TSV Eltingen eine Inklusionsgruppe, vor allem Fußball, Tischtennis und Judo waren gefragt. Aus verschiedenen Gründen verlief die Initiative allerdings im Sande.

Nach der Fusion des TSV Eltingen mit der TSG Leonberg zum SV Leonberg/Eltingen im vergangenen Jahr unternahm Margarete Häfele, die Abteilungsleiterin Freizeitsport, nach den Sommerferien einen neuen Versuch. Bis zum Jahresende kamen vor allem von der Lebenshilfe regelmäßig Männer und Frauen in die Sportgruppe. „Der Vorstand des SV hat ihnen das Recht eingeräumt, drei Monate lang zu schnuppern. Normal sind es nur drei Trainingseinheiten“, erzählt Margarete Häfele.

Seit Januar dieses Jahres betreut die Übungsleiterin freitagabends – wenn gerne auch schon mal das Sofa lockt - eine Rollstuhlfahrerin und fünf Fußgänger in ihrer Sportgruppe, die alle Vereinsmitglied beim SV Leonberg/Eltingen sind. Die 69-Jährige ist für dieses Amt geradezu prädestiniert: Sie hat ein Patenkind, das in der Schweiz lebt und am Down-Syndrom leidet. „Seit es auf der Welt ist, habe ich mit ihm Sport gemacht“, erzählt sie.

Sie weiß, wie wichtig es ist, dass insbesondere Menschen mit Behinderung mobil bleiben. Und so fordert sie ihre Teilnehmer schon beim Warmmachen heraus. „Ist jemandem noch kalt, der soll mir winken“, ruft sie schmunzelnd und wischt sich selbst mit einem Handtuch den Schweiß aus dem Gesicht. Dann sagt sie gleich die nächste Übung an. Margarete Häfele schwingt zusammen mit dem Vater eines Sohnes mit Down-Syndrom ein Seil, die Sportler sollen im richtigen Moment starten, damit sie unter dem Seil durchlaufen können. Elisabeth Kolofon macht das sogar mit ihrer Tochter Alexandra, die im Rollstuhl sitzt. „Dieser Sport tut auch gesunden Menschen gut, ich komme jedes Mal zwei Zentimeter aufgerichteter heraus“, sagt sie.

Im Anschluss gibt es verschiedene Stationen, an denen die Menschen mit Behinderung sich auf unterschiedliche Weise bewegen können. Vermeintlich leicht scheint es, einen Luftballon ständig mit den Händen in der Luft zu halten. Aber die Sportler trauen sich auch ans Springseil und manche sogar an den Hula-Hoop-Reifen. Margarete Häfele und Elisabeth Kolofon sprechen die Zurückhaltenden immer wieder an und achten darauf, dass alle in Bewegung kommen – das gelingt. „Jetzt fehlt nur noch das Lied ,Atemlos’ von Helene Fischer“, sagt der Vater des Jungen mit Down-Syndrom.

Zum Abschluss hat sich die Übungsleiterin noch etwas Gemeinschaft Stiftendes ausgedacht: Zwei Gruppen halten jeweils ein buntes Tuch in den Händen und müssen versuchen, einen Luftballon darauf zu balancieren, sodass dieser nicht zu Boden fällt. „So kurz vor den Ferien machen wir es nicht mehr so anstrengend“, sagt Margarete Häfele. Die Sportler danken es ihr am Ende der Stunde mit einem kleinen Applaus. Elisabeth Kolofon würde sich freuen, wenn auch nicht behinderte Sportler sich der Gruppe anschließen würden. „Das wäre ein Schritt, die Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft zu fördern.“