Sachsens Landesregierung will die Anfeindungen gegen Flüchtlinge nicht länger hinnehmen und entschieden gegen fremdenfeindliche Umtriebe vorgehen. Das kündigte Ministerpräsident Stanislaw Tillich an.

Das gibt es wohl nur in Sachsen, vielleicht überhaupt nur in Dresden: Nachdem der Theaterplatz mit der berühmten Semperoper mehr als ein Jahr lang unfreiwillig als Kulisse für die Pegida-Aufzüge dienen musste, reagierte die Opernintendanz auf ihre Weise: Sie installierte über dem Hauptportal eine LED-Wand, auf der sie mit wechselnden Bildern und Zitaten um Toleranz und Mitmenschlichkeit wirbt. Doch nun ging im Rathaus eine Anzeige ein, weil dieser Monitor die barocke Fassade verunziere. Was macht die Verwaltung der Landeshauptstadt? Statt sich über eine der ohnehin nur wenigen sichtbaren Botschaften für eine offene Gesellschaft im Dresdener Zentrum zu freuen und die Anzeige als Unfug abzutun, gibt sie diese an die Denkmalbehörde weiter. Und die prüft nun voller Ernst, ob die Opernleute gegen einschlägige Gesetze verstoßen.

 

Aber selbst das verwundert nicht in einem Land, in dem sich der Regierungschef noch nie selbst einer Demonstration gegen Pegida anschloss, jedoch Neonazi-Gegner gnadenlos von der Justiz verfolgt werden, wenn sie nur laut über Blockaden nachdenken. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist jetzt ein viel gefragter Gesprächspartner in TV-Nachrichtensendungen. Erst Montagabend war wieder zu erleben, welch schwache Figur der Christdemokrat hierbei macht – etwa wenn er die friedlichen Stuttgarter Bahnhofsbauproteste mit ausländerfeindlichen Brandstiftungen auf eine Stufe stellt.

Tilllich klagt über pauschale Verurteilungen Sachsens

Was er denn am vergangenen Wochenende so an wichtigen Dienstterminen gehabt habe, dass er nicht sofort auf die erneute Brandstiftung reagierte, wollte man von ihm wissen. Als Antwort kamen nur ein dünnes Lächeln und der Verweis auf die Pressekonferenz nach einer Sondersitzung der sächsischen Regierungskoalition am Dienstag. In jener Runde war Tillich dann wieder ganz bei sich: „Wir sind unserer Verantwortung gerecht geworden“, gab er sich in Bezug auf die jüngsten ausländerfeindlichen Übergriffe in Bautzen und Clausnitz frei von Schuld. Statt auf persönliche Versäumnisse einzugehen, suchte er die Ursachen vor allen bei seinem Wahlvolk: Hier mahnte er einen „gemeinsamen Akt gegen Rechtsextremismus“ an. Zugleich gab Tillich schon wieder das Opfer: Sachsen wird nach seiner Wahrnehmung derzeit zu stark stigmatisiert. Wörtlich sagte er: „Bei uns löst es auch Unmut aus, wie pauschalisiert über Sachsen gesprochen wird.“

Drei Sofortmaßnahmen

Mit drei Sofortmaßnahmen will das CDU/SPD-Kabinett nun gegensteuern. So soll es im Etat zusätzliche Mittel geben, um Polizei und Justiz personell so zu verstärken, dass damit ein „sicherer, fairer und soziale Staat zu gewährleisten“ sei. Daneben plant man eine spezielle Wachpolizei zum Außenschutz von Flüchtlingsunterkünften. Drittens sollen jene gesellschaftlichen Kräfte im Land, die sich schon für Demokratie engagieren, stärker staatlich unterstützt werden.

Sehr entschieden reagierte Tillich darauf, dass am Montagabend auf die Landesvertretung Sachsens in Berlin Steine geworfen wurden. „Einen Stein zu werfen, ist nicht die Antwort“, sagte er. Es handele sich vielmehr auch um „eine schändliche Tat“.