Bürgermeister Gotthard Deuse, FDP, hatte sich nach den neuerlichen Gewaltakten über Reporterfragen echauffiert. Niemand habe sich für das friedliche Stadtfest interessiert, das man zusammen mit den Indern gefeiert habe. "Wahrscheinlich sind nur Ruhestörungen interessant, oder?" Immer wieder sagt Deuse: "Ich will Ruhe im Ort haben." Nach dem Gewaltexzess gegen die Inder hatte Deuse erklärt, es gebe keine Rechtsextremisten im Ort. Kein Wort darüber, dass die NPD in der Region bei Wahlen schon zehn Prozent erreicht hatte. Oft bekommen die jungen Leute vom Verein zu hören, dass sie nur Probleme provozieren würden. "Uns wurde gesagt, wir würden missionieren wie die Zeugen Jehovas und die Jugendlichen von der Feuerwehr und dem Sportverein weglocken. Die Stadt würde genug anbieten, man bräuchte den Verein gar nicht", sagt die Mitarbeiterin Martina Schwerdtner.

Als Ruhestörer sind die jungen Leute eine glatte Fehlbesetzung. Roman Becker macht eine Ausbildung beim Landratsamt, wohnt noch bei den Eltern, von denen er lernte, sich einzumischen. Beckers Vater ist in der FDP, wie der Bürgermeister. Martina Schwerdtner studiert Sozialpädagogik. Die zierliche Frau möchte ihr Wissen aus dem Studium im Ort einbringen: "Unser Haus will politische Bildung und demokratisches Handeln fördern. Stattdessen müssen wir uns mit Bürokratie rumquälen." Im vergangenen Jahr kamen bis zu 70 Jugendliche zu ihren Veranstaltungen. Zu vielen ist der Kontakt abgerissen.

Immer wieder fällt der Ort in Sachsen negativ auf


Mancher spricht von einer "Deusokratie" in Mügeln. Kontrolle sei wichtiger als Teilhabe. Das Kulturbüro Sachsen berät die Stadt mit einem mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus. Die Sozialarbeiter schreiben in einer Analyse: "Die Situation in Mügeln zeugt von einer politischen Unkultur." Wer auf dem Boden des Grundgesetzes eigene Vorstellungen von kulturellen und politischen Werten gestalte, werde als linksextrem denunziert.

Immer wieder fällt der Ort negativ auf. Im April wurde das Fußballspiel des SV Mügeln-Ablaß gegen Roter Stern Leipzig wegen rechtsextremer Hetze abgebrochen. Bürgermeister Deuse, zugleich Mügelner Vereinsboss, will das Spiel früh verlassen haben. Die Parolen habe er nicht gehört. Nach dem abgebrochenen Spiel versammelten sich etwa 60 Rechtsextremisten auf dem Mügelner Marktplatz und demonstrierten gegen Vive le Courage. Als sie einen verfassungsfeindlichen Gesang anstimmten, löste die Polizei die spontane Versammlung auf. 2009 wurde einem Inder die Nase gebrochen, nachdem jemand gegen die Tür der Pizzeria getreten hatte. Der Richter glaubte dem Täter, er habe sich von dem auf die Straße eilenden Inder bedroht gefühlt und in Notwehr gehandelt.