Einen Tag nach dem Doppel-Coup von Kevin Krawietz und Andreas Mies erleben die French Open ein Herren-Einzel der Superlative. Djokovic gegen Nadal – kein anderes Duell gab es häufiger in der Historie des Profi-Tennis. Es endet mit einem schier surreal anmutenden Ergebnis.

Paris - Was für eine unglaubliche Machtdemonstration des Königs der Sandplätze! Mit seinem 100. Einzel-Sieg in Paris hat Rafael Nadal zum 13. Mal die French Open gewonnen. Gegen den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic setzte sich der 34 Jahre alte Spanier am Sonntag in einem erstaunlichen Endspiel mit 6:0, 6:2, 7:5 durch.

 

Das Finale der Superlative erfüllte vom ersten Ballwechsel an vom Niveau her sämtliche Erwartungen - vom Ergebnis am Ende natürlich nicht. Was die beiden Final-Protagonisten in der ersten halben Stunde darboten, war Sandplatz-Spektakel par excellence. Sechs Minuten dauerte das Premierenspiel, dann hatte Nadal seinem Gegenüber gleich den ersten Aufschlag abgenommen. Nach 41 Minuten stand es 5:0 für Nadal - und das obwohl Djokovic nicht einmal schlecht spielte.

Kein anderes Match gab es in der Geschichte des Profi-Tennis häufiger

Aber die Leistung des Linkshänders aus Mallorca war mit „phänomenal“ noch untertrieben umschrieben. Einen Tag nach den Titelgewinnen des deutschen Doppels Kevin Krawietz und Andreas Mies und der Polin Iga Swiatek im Damen-Einzel nutzte Nadal unter dem wegen Regens geschlossenen Dach über dem Court Philippe Chatrier nach einer Dreiviertelstunde den Satzball zum 6:0.

In der schier endlosen Historie ihrer Duelle, die 2006 im Viertelfinale der French Open begann und am Sonntagnachmittag ihre 56. Auflage erlebte, war es erst das zweite Mal, dass einer der beiden Rivalen einen Satz mit 6:0 gegen den anderen gewann. 2019 gelang dies Nadal im Finale von Rom bei seinem 6:0, 4:6, 6:1.

Kein anderes Match gab es in der Geschichte des Profi-Tennis häufiger als den Vergleich zwischen Djokovic und Nadal. In diesem Jahr bedeutete dies: Nummer eins gegen Nummer zwei, der Jahresbeste gegen den Roland-Garros-Regenten, der 17-malige Grand-Slam-Champion gegen den 19-maligen Major-Sieger. Zum Auftakt des zweiten Durchgangs schaffte der Serbe dann endlich seinen ersten Punkt.

Als „größte Herausforderung im Sport“ nannte es Djokovic vor dem Gipfeltreffen, Nadal bei den French Open zu schlagen. Dessen Bilanz las sich vor dem Finale wahrhaft furchteinflößend: Zwölf Mal hat Nadal die French Open gewonnen, 99 Matches hier für sich entschieden. Mit diesem Selbstbewusstsein und dieser Selbstsicherheit trat er auf.

Djokovics Leistungssteigerung reichte nicht

Zum 2:1 gelang ihm in Durchgang zwei das erste Break, Nadal machte einfach weiter und ließ Djokovic zwischendurch fast bemitleidenswert aussehen. 48 Minuten dauerte Durchgang eins, 47 Minuten Durchgang zwei - und es stand 6:0, 6:2. Nadal verschwand für einen kurzen Augenblick in der Umkleidekabine, seiner Konzentration schadete dies zunächst nicht.

Ohne Satzverlust war Nadal durch das bisherige Turnier geflogen, Djokovic gab im Viertelfinale einen Satz ab und musste im Halbfinale gegen den Griechen Stefanos Tsitispas über die volle Distanz gehen. Seine Jahresbilanz vor Paris las sich jedoch ebenso beeindruckend wie die French-Open-Statistik seines Gegners. Djokovic hatte in dieser wegen der Coronavirus-Pandemie lange unterbrochenen Saison bis dato jedes Match, das er zu Ende gespielt hat, gewonnen.

Beim ATP-Cup, den Australian Open, in Dubai, beim Cincinnati-Masters und beim Rom-Masters hat Djokovic nicht ein einziges Mal verloren. Nur bei den US Open flog er im Achtelfinale raus, weil er einen Ball weggeschlagen und dabei eine Linienrichterin getroffen hatte und disqualifiziert wurde. Im dritten Satz musste Djokovic zum 2:3 erneut einen Aufschlagverlust hinnehmen, doch diesmal konterte er mit seinem ersten Break zum 3:3. Mit rudernden Armbewegungen animierte er die Zuschauer (und sich selbst) und leistete noch einmal Gegenwehr.

Bis zum 5:5 hielt er den Satz offen, doch dann bescherte ein Doppelfehler Nadal das Break zum 6:5. Gegen diesen Nadal an diesem Tag reichte Djokovics Leistungssteigerung nicht mehr.