Die 17-jährige Aktivistin für Kinderrechte, Malala Yousafzai, hat den Friedensnobelpreis erhalten. Es ist eine kluge Entscheidung, kommentiert der StZ-Politikredakteur Christoph Link. Malala ist global ein Vorbild.

Stuttgart - Dem Nobelpreiskomitee in Oslo gebührt Dank für diese beherzte und kluge Entscheidung. Nach langer Zeit hat es erstmals Kinder in den Mittelpunkt gerückt, indem es die 17-jährige Pakistani Malala Yousafzai und den indischen Kinderrechtsaktivisten Kailash Satyarthi ausgezeichnet hat. Malala ist die jüngste Empfängerin in der Geschichte des seit 1901 verliehenen Preises. Er ist die renommierteste Auszeichnung überhaupt, doch in jüngster Zeit gab es Kritik an der Vergabe. So gingen die vorherigen Preise an relativ anonyme Organisationen – einmal die Europäische Union, einmal an eine weithin unbekannte UN-Einrichtung zur Kontrolle von Chemiewaffen. Sie taugen kaum zum persönlichen Vorbild. Auch dass Barack Obama den Preis erhielt, als er als frisch gewählter Präsident noch wenig für den Frieden getan hatte, löste Stirnrunzeln aus.

 

Nun aber besinnt sich Oslo auf seine Tradition. Die Ehre gebührt starken, couragierten Persönlichkeiten, die ihr Leben dem Kampf für die Menschenrechte verschrieben haben. Aber darf Oslo eine 17-Jährige überhaupt auszeichnen für ihr Wirken? Dürfen und sollen Kinder politisch aktiv sein und sich in Gefahr begeben? Die Frage ist angebracht, weil vor allem Malalas Vater – einem Menschenrechtsaktivisten in Pakistan – vorgeworfen worden ist, er habe seine Tochter instrumentalisiert und unnötigen Risiken ausgesetzt. Auf der anderen Seite sind Kinder weltweit die Leidtragenden in politischen Krisen und Konflikten, aber es fehlt ihre Stimme in der Erwachsenenwelt. Sie leiden unter religiöser Intoleranz, sie werden zu Soldaten gepresst oder Opfer von Kinderarbeit.

Wer je ein Kind in Afrika oder Asien beim Steineklopfen oder Teppichweben – tagaus, tagein – gesehen hat, der wird das entsetzliche Bild nie vergessen. Dabei verfügen Kinder ab einem gewissen Alter sehr wohl über ein Gefühl von Gerechtigkeit, über einen eigenen Willen und eine Vorstellung, wie sie ihr Leben führen wollen. Malala war geprägt vom liberalen Islam ihres Elternhauses und sie hat diese Tradition für sich fortsetzen wollen. Mit elf Jahren lehnte sie sich gegen den Terror der Taliban auf, die Musik, Tanz und den Schulbesuch für ältere Mädchen verbieten wollten.

Nach dem Attentat eines Talibans auf sie, da war sie 15 Jahre alt, ist Malala berühmt geworden. Ein Superstar, eine Ikone der Mädchenrechte, wie es heißt. Das weckt Neider. Mit dem Inder Kailash Satyarthi teilt sie das Schicksal, dass sie im Westen umjubelt wird, ihr in der Heimat aber mitunter Hass entgegenschlägt. Beide gelten dort als Nestbeschmutzer, die auf Missstände hinweisen. Dabei ist der Einsatz der beiden mutigen Aktivisten ein Beweis dafür, dass nicht nur die Wirtschaft globalisiert ist, sondern dass weltweit Mindeststandards an Menschenrechten gewünscht werden: der Schulbesuch von Mädchen und das Verbot von Kinderarbeit gehören dazu. Das Nobelpreiskomitee hat bei seiner Wahl eine glückliche Hand bewiesen. Die Welt braucht Vorbilder. Dies ist ein guter Tag für die Kinder und ihre Rechte.