In Tunesien begann 2010 der Arabische Frühling. Die Preisvergabe an eine tunesische Gruppe, die für Dialog und Versöhnung eintrat, kann weltweit ausstrahlen, meint Christoph Link.

Oslo - Die Buchmacher hatten sie nicht auf dem Schirm. Der Friedensnobelpreis geht an das „ Quartett für den nationalen Dialog“ in Tunesien, ein Bündnis von Arbeitgebern, Anwälten, Menschenrechtlern und Gewerkschaftlern, die dabei mithalfen, die demokratischen Strukturen nach der Revolution von 2011 zu bewahren. In Tunesien hat vor fünf Jahren der Arabische Frühling mit der Selbstverbrennung eines jungen Gemüsehändlers begonnen. Wie ein Lauffeuer führte sie dazu, dass in der arabischen Welt Diktatoren stürzten. Aber sie machten nicht Platz für neue, geordnete Staatsführungen nach westlichem Vorbild. Im Gegenteil, Kriegsherde entstanden, Staaten zerrütteten.

 

Das Nobelpreiskomitee hat eine gute Entscheidung getroffen. Anders als Ägypten hat Tunesien einen moderaten Weg hin zu stabilen Verhältnissen eingeschlagen, freie Wahlen abgehalten, sich eine Verfassung geben, die den Spagat wagte zwischen westlicher Moderne und der Tradition islamischer Staaten. Aber es hat Rückschläge hinnehmen müssen – Terroranschläge und Massenproteste. In dieser Lage kam es darauf an, die besonnenen Kräfte zu stärken, Konflikte im Dialog und gewaltfrei zu lösen. Das ist gelungen. Tunesien ist ein Vorbild, und die Preisträger haben Anteil daran, dass es dies geworden ist. Das Signal aus Oslo kann weltweit ausstrahlen.