Der Letzte macht das Licht aus: Die Friedensschule im Stuttgarter Westen wird es von Donnerstag an nicht mehr geben. Das bedauern sogar die Schüler.

Stuttgart - „Der Letzte macht das Licht aus.“ Dieser Eintrag, verbunden mit einem Countdown-Zähler, findet sich auf der Homepage der Friedensschule. Der Countdown endet am Mittwoch.

 

Am vergangenen Donnerstag hat die Werkrealschule im Stuttgarter Westen zum letzten Mal ihre Neuntklässler verabschiedet und die Rektorin Rosy Freyd gleich dazu. Dann ist Schluss. Eine Hundertjahrfeier wird diese 1928 als neue Schwabschule gegründete Bildungseinrichtung nicht mehr erleben. Ihr Name wird aus der Stuttgarter Bildungslandschaft verschwinden.

Rektorin Rosy Freyd hat Maßstäbe gesetzt

An den Grund für die Auflösung der Schule erinnerte der Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle, der als einziger Vertreter der Stadt zu der Abschiedsfeier gekommen war. Der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung habe einen massiven Rückgang der Schülerzahlen an den Haupt- und Werkrealschulen zur Folge gehabt. Der Schulleiterin Rosy Freyd bescheinigte Möhrle, sie habe die Brennpunktschule „mit viel Herzblut“ geführt: „Ihr Engagement wird fehlen.“ Seit 2001 war Freyd als Konrektorin an der Friedensschule, seit 2005 als Rektorin. In vielen Bereichen habe sie Maßstäbe gesetzt, sei es beim Modellprojekt islamischer Religionsunterricht oder beim frisch gekochten Mittagstisch für einen Euro, um den die Schule vor gut einem Jahr noch heftig kämpfen musste. Aber auch die Zusammenarbeit mit den Betrieben sei Freyd immer ein besonderes Anliegen gewesen.

Karin Lehr, die Leiterin der Vogelsangschule, sagte, ihren Grundschülern sei es später auf der Friedensschule immer gut gegangen. „Die Schule war Heimat für viele Jugendliche.“ Doch es seien eben mit der Zeit immer weniger gewesen, berichtete Freyd: „2001 hatte die Schule noch 400 Schüler.“ Inzwischen seien es noch 93, viele davon seien Flüchtlingskinder, auf die sich das Kollegium in besonderer Weise eingestellt habe: „Diese Kinder brauchen nicht nur Unterricht in Deutsch, sondern vor allem Lebenshilfe und psychologische Betreuung.“ Besonders stolz sei sie auf die Integrationsleistung der Friedensschule, an der auch die Schulsozialarbeit einen wichtigen Anteil habe, so Freyd.

Die letzten Schülersprecher bedanken sich

Es sprach für sich, dass kein Pädagoge, sondern die zwei Schülersprecher Beritan Rojbin Esen und Dodi Maluzeyi die Veranstaltung in der Sporthalle der Friedensschule moderierten – übrigens wie auch viele ihrer Mitschüler in feinstem Tuch. Professionell und selbstbewusst bat Beritan die Seniorpartner auf die Bühne und bedankte sich: „Sie haben uns gut begleitet – auch in schweren Hauptschulzeiten.“

Der „netten Schulleiterin Frau Freyd“ bescheinigte Beritan: „Wir fühlten uns immer ernst genommen. Wir wünschen Ihnen noch einen tollen Ruhestand. Es ist traurig, dass die Schule schließen muss.“ Wer hörte derlei je aus Schülermund? Eine Neuntklässlerin formuliert das anders: „Scheiße“ sei das. „Ich hätte hier gern noch meine zehnte Klasse gemacht.“ Nun wechsle sie eben an die Lerchenrainschule. Die meisten der noch übrig gebliebenen Schüler der Klassen sieben und acht machten auf der Falkertschule weiter. Doch eine fünfte Klasse könne man auch dort nicht mehr aufmachen – mangels Anmeldungen, so Freyd. Und die Lehrer? Die verteilen sich auf die verbliebenen Werkrealschulen. Elf Pädagogen seien es ja nur noch. „Vor zwei Jahren waren wir noch 35“, sagt Freyd.

Die übrigen Schüler und Lehrer müssen auf andere Schulen

Was mit dem Gebäude und seiner fabelhaften Ausstattung mit Whiteboards und Tablets passieren wird, weiß die scheidende Rektorin nicht. Laut Schulverwaltungsamt sollen die frei werdenden Räume der Friedensschule für eine Interimsnutzung durch die Schwabschule oder das Ebelu geprüft werden. Bei beiden Schulen stünden umfangreiche Sanierungen an.