Der Friedhofsboden ist für Erdbestattungen ungeeignet. Dafür gibt es jetzt Grabkammern.

Heimsheim - Für seinen Friedhof muss Heimsheim richtig viel Geld in die Hand nehmen. Um die 500 000 Euro kostet das Anlegen eines neuen Grabfeldes für Sargbestattungen und eines Urnengrabfeldes. Nun ist eine Neugestaltung auf Friedhöfen meist grundsätzlich nicht billig. Doch in Heimsheim liegt außerdem noch eine Besonderheit vor: Der Boden ist auf weiten Teilen des Friedhofs so beschaffen, dass die Begrabenen nicht richtig verwesen, selbst nach mehreren Jahrzehnten. Das neue Grabfeld bekommt daher spezielle Grabkammern, für die die Stadt tiefer in die Tasche greifen muss.

 

„Bei der Umbettung eines Leichnams nach 17 Jahren fiel auf, dass der Körper nicht ausreichend verwest war“, erklärte Birke Hörner vom gleichnamigen Landschaftsarchitekturbüro noch einmal die Hintergründe. „Und wenn sich nach 17 Jahren nichts getan hat, kann man davon ausgehen, dass man hier auch nach 25 Jahren noch Wachsleichen bergen wird.“ Aus diesem Grund wurde für den Heimsheimer Friedhof ein Bodengutachten in Auftrag gegeben. Mit dem Ergebnis: Das Gelände hat stark durchfeuchtete Bodenstrukturen, die kaum Sauerstoff durchlassen, was die Verwesung der Leichen verhindert oder zumindest erschwert.

Grabkammern als Alternative

Das stellt für die Kommune ein großes Problem dar. Denn nach 25 bis 30 Jahren endet in Heimsheim die Ruhefrist eines Grabes, danach kann die Stätte „wiederverwendet“ werden. Das geht aber nicht, wenn dort noch ein intakter Leichnam begraben liegt. Für zukünftige Grabfelder muss daher eine andere Lösung her.

Mehrere Alternativen wurden untersucht, berichtete Birke Hörner. So könnten die Särge etwa in eine Kies- oder Schotterschicht eingebettet werden, oder der Aushub der Grabstelle könnte mit Fremdmaterial vermischt werden. Hörner riet von beidem ab, da es beim Schotter oft zu Problemen beim Anlegen von Nachbargräbern komme und sich die Materialmischung nur schwer kontrollieren lasse. Weitere Optionen wären ein kompletter Bodentausch auf dem Friedhof sowie das Anlegen eines neuen Friedhofs an einer anderen Stelle. Beides wäre jedoch extrem kostenintensiv, zumal bei einem ganz neuen Friedhof der bestehende noch weiter gepflegt und unterhalten werden müsste.

Hörners Vorschlag lautete daher, auf dem neuen Feld Grabkammern anzulegen. Die Verstorbenen werden also nicht in der Erde beigesetzt, sondern in Kammern aus Beton, die Hohlräume und ein spezielles Belüftungssystem besitzen. Abgesehen von der vollständigen Zersetzung der Leichen bei diesem System habe es noch weitere Vorteile, so Hörner. Zum Beispiel handle es sich um ein „sicheres setzungsfreies Grabsteinfundament“, und bei weiteren Belegungen der Grabkammern müsse kein Erdaushub mehr erfolgen.

Gemeinderat befürwortet Baumgräber

Der Gemeinderat folgte dem Vorschlag der Architektin. Gesprächsbedarf gab es allerdings im Hinblick auf das neue Urnenfeld, das direkt zwischen den Grabkammern und der Aussegnungshalle angelegt wird. Hörner hatte drei mögliche Konzepte vorgestellt, mit und ohne Baumgräber, mit kreisrunder Anordnung der Gräber oder mit einer zentralen Ausrichtung. Die Version mit der Kombination aus Baum- und klassischen Urnengräbern sagte den Ratsleuten am meisten zu, der Entwurf soll allerdings noch ein wenig angepasst werden. Es handelt sich um die teuerste Variante, die aber auch am meisten Platz für neue Gräber bietet.

Insgesamt werden auf beiden Feldern später 42 Grabkammern zur Verfügung stehen sowie rund 80 Plätze für Urnenbestattungen und knapp 40 Plätze für Baumbestattungen. Die Kostenschätzung liegt bei insgesamt 507 000 Euro, knapp 340 000 für die Grabkammern und 167 000 für die Urnengräber. Die günstigste Variante für die Urnen wäre auf 145 000 Euro gekommen.

Das Problem mit den Wachsleichen

Als Wachsleichen werden Körper bezeichnet, die nach einer bestimmten Zeit nach ihrer Bestattung nicht ausreichend verwest sind. Die Ursachen können etwa ein hoher Grundwasserstand oder ein luftundurchlässiger Boden sein wie Lehm. Die Körper bleiben noch weit über die üblichen Ruhefristen auf den Friedhöfen intakt. Die Gräber dürfen dann nicht wieder genutzt werden, solange noch eine Leiche darin liegt. Viele Kommunen belassen die betroffenen Gräber daher über die Ruhefrist hinaus in ihrem Zustand und treffen für neue Grabfelder entsprechende Vorkehrungen.

Das Problem mit lehmhaltigen Böden und Wachsleichen kennen auch andere Kommunen als Heimsheim, unter anderem Hemmingen. Auch dort hat man sich für das Anlegen von Grabkammern entschieden. Dort allerdings mit einem unschönen Ergebnis: Aufgrund von Baupfusch sind die Kammern mit Wasser vollgelaufen. Weil aber die betreffende Baufirma pleite gegangen ist, bleibt die Kommune auf den Kosten für die Behebung, rund 80 000 Euro, sitzen.