Die Kritik ist nicht zum ersten Mal formuliert worden. Doch sie wird lauter und dringlicher. „Die Polizei im südöstlichen Enzkreis hat zu lange Fahrtwege und zu wenig Personal“, kritisieren die Bürgermeister von Friolzheim und Wimsheim

Friolzheim/Mönsheim - Die Kritik aus den Gemeindeverwaltungen ist nicht zum ersten Mal formuliert worden. Doch sie wird lauter und dringlicher. „Die Polizei im südöstlichen Enzkreis hat zu lange Fahrtwege und zu wenig Personal“, kritisieren die Bürgermeister von Friolzheim und Wimsheim, Michael Seiß und Mario Weisbrich. Nachts und am Wochenende, wenn statt des Polizeipostens Heimsheim die Kollegen aus Mühlacker zuständig sind, bräuchten die Beamten oft sehr lange, bis sie ins Heckengäu kommen könnten: „Eine präventive Polizeistreife ist dort schon lange nicht mehr gesehen worden.“

 

Der Friolzheimer Bürgermeister Michael Seiß spricht aus eigener Erfahrung: „Als mein Fahrzeug um 23 Uhr durch einen Böller beschädigt wurde, konnten die Beamten erst drei Stunden später kommen.“ Die Einwohner scherzten schon, man müsse erzählen, jemand hantiere mit Waffen, damit die Polizei überhaupt komme. Ein anderes Problem sei der „schwarze Verkehr“ in gesperrten Straßen, über den sich die Anwohner beschwerten. Seiß: „Wir haben um Kontrollen gebeten, aber die Beamten reagierten sehr reserviert.“

Er sieht die Schuld nicht bei dem Polizeiposten. „Der Kontakt nach Heimsheim ist sehr gut. Im Großen und Ganzen funktioniert es auch. Aber oft sind den wenigen Beamten dort die Hände gebunden, und sie müssen Prioritäten setzen“, meint Seiß. Der Rathauschef wünscht sich eine größere Präsenz, um Lärmbelästigung oder Sachbeschädigungen zu verhindern. In Wimsheim ist die Situation ähnlich: „Gerade wenn Bürger nachts die Polizei rufen, ist oft keine Kapazität da“, sagt der Bürgermeister Mario Weisbrich. Das sei natürlich schlecht für das „subjektive Sicherheitsgefühl“.

Mehr Kontrollen sind nicht möglich

Auch er nennt als Beispiele Lärmbelästigung, Alkohol trinkende Jugendliche, Sachbeschädigungen oder mutmaßliche Trickbetrüger. „Wenn eine Reaktion erfolgt, dann oft erst ein bis zwei Stunden später. Trickbetrüger sind dann längst über alle Berge“, mahnt er. Auch Weisbrich lobt den guten Draht zu den Polizeiposten.„Es ist keine Kritik an den Revierleitern, aber ihnen fehlt Personal.“

Denn in Heimsheim gibt es nur fünf Beamte, die sich noch dazu ein Auto teilen müssen. Noch dazu verläuft im Heckengäu die Grenze nach Böblingen. Zwar gibt es auch in Renningen und Weil der Stadt verhältnismäßig naheliegende Polizeiposten. Doch die dortigen Beamten haben mit ihren eigenen, teils verstreuten Teilorten genug zu tun. Außerdem ist für Friolzheim, Wimsheim zunächst einmal die Polizei im Enzkreis zuständig und damit das Polizeirevier Mühlacker. „Wo es auch an Kräften fehlt“, wie Weisbrich bemängelt.

Für Kleinigkeiten bleibt keine Zeit

„ Ich habe bei uns schon lange keine präventive Streife mehr gesehen“, ergänzt der Wimsheimer Schultes. Wimsheim und auch Friolzheim setzen mittlerweile wie viele andere Gemeinden auf privates Sicherheitspersonal. „Es ärgert mich, dass wir private Dienste engagieren müssen, um Schäden abzuwenden.“ Zudem habe der Verband der Gemeindevollzugsbeamten eine Fachaufsichtsbeschwerde beim Regierungspräsidium eingereicht, da hoheitliche Aufgaben in private Hand gegeben würden. „Wir würden uns monatlich rund 700 Euro für die Citystreife sparen, wenn kein Bedarf da wäre“, ärgert sich Weisbrich. Gefühlt sei die Situation schlechter geworden.

Maria Logotheti, die Pressesprecherin von der zuständigen Polizeidirektion in Pforzheim, sieht das anders: „Die Anfahrt aus Mühlacker dauert natürlich länger, aber die Sicherheit der Menschen ist immer gewährleistet“. Prinzipiell sehe sie keine Probleme. Sollte etwas Gravierendes passieren, dann könne die Polizei schnell Beamte aus Pforzheim oder Leonberg zur Verstärkung anfordern. In den kleinen Gemeinden sei mit weniger Einwohnern auch die prozentuale Kriminalität geringer. Ihr sei keine Situation bekannt, in der die Polizei nicht hätte eingreifen können, sie kenne auch keine Fälle, in denen Beamte Anrufer vertröstetet hätten. „Wir gehen allen Meldungen nach, es gibt für uns keine Lappalien. Aber wir müssen Prioritäten setzen“, sagt sie. Wenn ein Bürger sich beispielsweise wegen eines vor zwei Wochen beschädigten Gartenzwergs melde, dann könne man nicht sofort kommen.

Ein strukturelles Problem sieht Maria Logotheti nicht. „Wir Polizisten machen unseren Beruf gerne und wollen die Bürger zufrieden stellen“, versichert sie und rät, beispielsweise Sachbeschädigungen der Polizei über das Internet zu melden.

Den privaten Sicherheitsdiensten steht die Polizeidirektion Pforzheim prinzipiell positiv gegenüber. „Wir sehen die Citystreifen als sinnvolle Ergänzung zur unserer Arbeit, da wir nicht immer überall sein können“, sagt der Pressesprecher Frank Otruba. Gerade wenn es um Umweltverschmutzungen, lärmende Jugendliche und Sachbeschädigungen gehe, könne die Präsenz der Sicherheitsleute helfen.

Geht es um Straftaten, dann muss die Citystreife ohnehin die Beamten rufen. Es stimme aber nicht, dass die Beamten keine Präventivarbeit mehr machten. „Da es in Mühlacker vermehrt zu Wohnungseinbrüchen gekommen, zeigen wir dort tagsüber Präsenz“, sagt Otruba. Verschlechtert habe sich die Situation nicht in den vergangenen Jahren. Auch früher sei es nicht möglich gewesen, überall Streife zu fahren: „Dass fünf Beamten ein Polizeiwagen zustehen, ist schon lange vom Land vorgegeben.“